Von Sabine Schicketanz: Korruptions-Experte: Für Stadt-Firmen gilt Sponsoring-Verbot
Transparency International fordert Offenheit / Unternehmen gegen öffentlichen Sponsoring-Bericht
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Potsdam gerät in der Sponsoring-Frage unter Druck. Während es in der Landeshauptstadt zum Tagesgeschäft gehört, dass städtische Unternehmen wie die Pro Potsdam GmbH, die Stadtwerke Potsdam GmbH und die Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH per Sponsoring Vereine, Organisationen und Veranstaltungen unterstützen, erklärte gestern ein Experte von Transparency International (TI) genau dieses Vorgehen für verboten. Potsdam ist seit gut einem Jahr Mitglied der Anti-Korruptionsorganisation.
Insbesondere kommunale Unternehmen der sogenannten Daseinsvorsorge – dazu zählen Wasser-, Abwasser- und Abfallwirtschaft, Energielieferung, Krankenhäuser und der Öffentliche Personennahverkehr – seien durch Staatszuschüsse, Abgaben und Gebühren finanziert, sagte Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland e.V.. Damit bestehe eine „Grundrechtspflicht“, wonach „diese Gelder nicht beliebig für Sponsoring ausgegeben werden dürfen“. Geschehe dies trotzdem, sei der Bürger gezwungen, mit seinen Abgaben und Gebühren beispielsweise einen Fußballverein zu finanzieren, so Bäumel.
Der Experte verwies dazu auf ein Urteil des Dresdner Verwaltungsgerichts, das ein Sponsoring-Verbot für ein öffentliches Unternehmen bestätigt habe. So habe der als GmbH aufgestellte städtische Wasserversorger ein Sportereignis sponsern wollen. Dies habe die Aufsichtsbehörde verboten, dagegen sei die GmbH vor Gericht gezogen und unterlegen. Laut Bäumel habe das Gericht festgestellt, dass auch die GmbH ein „Teil der öffentlichen Verwaltung“ sei, deren normale Arbeit durch das Sponsoringverbot nicht beeinflusst werde. Höchstrichterlich gebe es allerdings bisher keine Entscheidung in der Sponsoring-Frage.
Bäumel forderte Potsdam auf, die Vorschriften anzupassen und die Pflichten zur Öffentlichkeit durchzusetzen. Eine Beratung des Sponsorings in Aufsichtsräten reiche nicht, „das Stadtparlament darf nicht umgangen werden“. Durch das jetzt gängige Verfahren könnten städtische Unternehmenschefs „die politische Landschaft“ bearbeiten: „Wer weiß schon, wer im Fußballverein engagiert ist – das sind die üblichen Wege.“ Maßnahmen gegen die Stadt werde TI aber nicht ergreifen.
Bäumel war von den Bündnisgrünen in den Stadtverordneten-Hauptausschuss eingeladen worden. Anlass war eine Mitteilung der Stadtverwaltung zum Sponsoringbericht. So sollte die Verwaltung prüfen, ob der Bericht auch auf die Unternehmen ausgeweitet werden kann, an denen die Stadt die Mehrheit hält. Bisher gibt es dafür laut Verwaltung keine rechtliche Grundlage. Auch sei mit einer „freiwilligen Berichterstattung gegenüber der Öffentlichkeit“ nicht zu rechnen. Daher, so die Verwaltung, sollte auf eine Berichts-Pflicht verzichtet werden, bis der Arbeitskreis Antikorruption dies diskutiert habe. Er könne dann „spätestens“ im ersten Quartal 2012 dazu berichten.
Diesem Vorgehen erteilten die Stadtverordneten im Hauptausschuss nahezu einhellig eine Absage. „Es muss jetzt ein Anker geworfen werden“, sagte Sigrid Müller (Linke). Es gebe einschlägige Beispiele für umstrittenes nicht-öffentliches Sponsoring, so das Stadtwerkefest. Peter Schüler (Bündnisgrüne) kündigte einen entsprechenden Antrag im Stadtparlament an. Die Beratung mit allen Geschäftsführern von städtischen Unternehmen, die Sponsoring vergeben oder bekommen, soll bereits im nächsten Hauptausschuss stattfinden – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie Vize-Ausschusschef Michael Schröder (CDU) vorschlug.
Klar wurde, dass die Unternehmenschefs auf wenig Verständnis für ihre Bedenken hoffen können. Gegen eine Veröffentlichung des Sponsorings führten sie unter anderem Geheimhaltungsklauseln bei Sponsoringverträgen und eine Verletzung des Geschäftsgeheimnisses an. Auch könnten Sponsoren „verschreckt“ werden oder nicht gesponserte Träger Gleichbehandlung fordern. Für T I-Experte Bäumel sind diese Argumente ein Widerspruch in sich. Die Chefs hätten wohl den Sponsoring-Begriff nicht verstanden: Unternehmen, die dabei Geheimhaltungsklauseln anführten, „hängen offenbar den Hinterzimmermachenschaften anheim“.
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