Stromtrasse in Potsdam: Kostenexplosion für Freileitung in Marquardt
600.000 statt 178.000 Euro: Für eine neue Stromtrasse soll Potsdam dreimal so viel an Netzbetreiber Edis zahlen wie erwartet, die dafür gebildeten Rücklagen der Stadt reichen offenbar nicht aus.
Stand:
Potsdam - Dreimal so teuer wie ursprünglich gedacht wird die Verlegung der Freileitung in Marquardt für die Stadtkasse. Statt wie im Jahr 2014 zwischen Stadt und Netzbetreiber Edis vereinbart 178 000 Euro inklusive Mehrwertsteuer soll Potsdam nun insgesamt etwa 600 000 Euro zahlen, damit die Masten der 110-Kilovolt-Freileitung künftig nicht mehr in der Ortslage stehen, sondern daneben.
Potsdam hat Rücklagen von 300.000 Euro dafür gebildet
Das geht aus einer Vorlage des Büros des Oberbürgermeisters für den Hauptausschuss am Mittwoch kommender Woche hervor. Die ursprünglich geschätzten Kosten von 150 000 Euro netto sollten in einer „Feinplanung konkretisiert werden“. Insgesamt hatte die Stadt für die Mehrkosten bereits Rücklagen von fast 300 000 Euro gebildet. Der Betrag reicht bei Weitem nicht mehr aus. Nun soll er verdoppelt werden. Dabei soll es dann auch bleiben. Inzwischen sei ein Kostendeckel vereinbart worden, heißt es in der Vorlage.
Für die Verlegung hatte die Bürgerinitiative „Freileitung raus!“ mobilgemacht. Anwohner hatten sich heftig gewehrt, weil sie die Strahlung der Leitung für gesundheitliche Probleme verantwortlich machen. Wie berichtet plant Edis die Erneuerung der fast 80 Jahre alten Hochspannungsleitung zwischen Wustermark und Geltow, die unter anderem durch Marquardt und Golm führt. Die Arbeiten haben bereits begonnen. In Marquardt freute man sich im September anlässlich des Baustarts über den Erfolg: „Ende 2010 begann der Kampf, der nun ein glückliches Ende gefunden hat“, teilte Josef Grütter, Sprecher der Bürgerinitiative „Freileitung raus!“, seinerzeit mit.
Unter Zeitdruck
Für eine Kostenbeteiligung der Stadt hatten sich damals die Linke, die SPD, die CDU sowie die Grünen eingesetzt. Es gab Forderungen nach einer städtebaulichen Vereinbarung zwischen Potsdam und dem Netzbetreiber nach Vorbild von Wildau, wo ebenfalls eine Hochspannungsleitung verlegt wurde. Allerdings fiel die Entscheidung in Potsdam wegen des laufenden Planfeststellungsverfahrens unter Zeitdruck. Edis wollte die Leitung zunächst komplett auf der alten Trasse sanieren und wähnte sich auf der sicheren Seite, weil es sich nicht um einen Neubau, sondern um eine Sanierung handelt. Zu Änderungen war das Unternehmen nur bereit, wenn die Kosten übernommen würden. So kam es dann auch.
Anders als in Marquardt war die Diskussion in Golm ausgegangen: Dort konnten die Masten nicht außerhalb des Ortes aufgestellt werden, weil dort ein Landschaftsschutzgebiet liegt. Auch ein Erdkabel wurde diskutiert. Allerdings sollte diese Variante nach Schätzungen der Verwaltung bis zu 2,8 Millionen Euro kosten. Im Februar hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Hauptausschuss Bedenken erklärt, öffentliche Mittel für eine Leitungsverlegung in Golm bereitzustellen, und so einzelnen Anwohnern einen Vorteil zu verschaffen, weil ihre Grundstücke ohne Freileitung wertvoller wären. Die Pläne scheiterten schließlich, weil zu wenige Anwohner bereit waren, sich in Höhe des Wertzuwachses an den Kosten zu beteiligen. Nun soll es in Golm anders als in Marquardt neue, größere Masten auf der alten Trasse geben.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: