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Landeshauptstadt: Kostenplan ist nicht mehr belastbar

Matthias Kühling vom Naturkundlichen Museumsverein über die Zukunft des Potsdam-Museums

Stand:

Herr Kühling, am Mittwoch werden die Stadtverordneten zum zweiten Mal über den Haushalt für dieses Jahr abstimmen. In der vergangenen Sitzung wurde er abgelehnt, weil drei zusätzliche Forderungen eingebracht werden sollten. Eine davon waren 80 000 Euro für das Naturkundemuseum. Wie dringend wird dieses Geld gebraucht?

Die 80 000 Euro entsprechen dem aktuellen Stand. Nach Aussagen des Direktors des Naturkundemuseums, Detlef Knuth, sind 15 000 Euro vorgesehen, um den genauen Finanzbedarf für die Sanierung des Gebäudes in der Breiten Straße 11, dem Nebengebäude des Naturkundemuseums, bestimmen zu können, wo unter anderem die Werkstätten für die Präparatoren untergebracht werden sollen. So kann man aufgrund fundierter Zahlen mit dem Land in Verhandlung treten zu können.

Es gibt doch aber schon einen Kostenplan.

Ja, der ist aber schon mehrere Jahre alt und die darin angeführten Zahlen sind nicht mehr belastbar. Die starke Entwicklung der Energiepreise und Baukosten sind nicht berücksichtigt. Der Kommunale Immobilienservice der Stadt hat ausdrücklich begrüßt, dass ein neues Gutachten erstellt wird.

Also werden nur 15 000 Euro gebraucht?

Nein. Dringend werden noch weitere 65 000 Euro gebraucht. Das Geld ist nötig, um das Provisorium überhaupt auch in Zukunft noch nutzen zu können. Es müssen dringend moderne Magazinanlagen zur Verlagerung von Sammlungsteilen aus der Hebbelstraße 1 in die Breite Straße 13 angeschafft werden. Hier besteht zwar bereits ein erheblicher Platzmangel. Der kann aber mit einer optimalen und platzsparenden Neuordnung der vorhandenen Sammlungen so umgestaltet werden, dass dann gefährdete Sammlungen aus der Hebbelstraße untergebracht werden können.

Welches Provisorium?

Die Werkstätten und Magazine auf dem Gelände der Hebbelstraße 1, die seit nunmehr elf Jahren in Nutzung sind.

Sie sprechen von Provisorium, weil die Unterbringung der Werkstätten und Magazine nur übergangsweise und nicht für elf Jahre und mehr geplant war.

Ja, mittlerweile weisen die Gebäude aber erhebliche bauliche Mängel auf und es muss dringend saniert werden, um die Arbeitsfähigkeit in den Werkstätten überhaupt noch sicher stellen zu können.

Trotzdem wird unter diesen Umständen noch hervorragende Arbeit geleistet.

Der Präparator Christian Blumenstein ist international preisgekrönt. Der Mann hat goldene Hände, ihm fällt aber buchstäblich das Dach über dem Kopf zusammen. Ein Teil der Magazine ist nun auch noch akut bedroht, weil in den kommenden Monaten in unmittelbarer Nähe eine Hochgarage gebaut werden soll. Die damit verbundenen erheblichen Erschütterungen können zu großen Schäden führen. Hier muss endlich was passieren.

Woran liegt es, dass die Werkstätten und Magazine seit elf Jahren so untergebracht sind?

Das ist wirklich schwer nachzuvollziehen. Es gibt in der Stadt Potsdam im Kulturbereich an vielen Stellen Handlungsbedarf. Hinzu kommt, dass in den 90er Jahren zu viele Schulden gemacht wurden, so dass die Haushalte sehr schnell blockiert waren und die Schrauben an den Stellen angesetzt wurden, die am Weichesten waren. Was den Museumsbereich der Stadt betrifft, besteht dann noch erheblicher Bedarf beim Potsdam-Museum. Da können sehr viele interessante Sammlungsobjekte nicht angemessen präsentiert werden.

Das klingt sehr diplomatisch. Ist es für Sie kein Problem, dass der Schwerpunkt der derzeitigen Diskussion ausschließlich auf dem zukünftigen Standort des Potsdam Museums liegt, und wie dieser gestaltet werden soll. Da geht es schließlich um Millionen?

Selbstverständlich gibt es eine Konkurrenzsituation. Das will ich nicht bestreiten. Aber wir sehen auch die Probleme, die die Kollegen im Potsdam-Museum haben. Die Stadt hat eindeutig Prioritäten gesetzt. Sie will das neue Potsdam-Museum. Potsdam wird als besonderer Ort der deutschen Geschichte verstanden und es ist völlig legitim, den Schlössern und Gärten eine Selbstdarstellung der Stadt entgegen zu setzen. Dennoch sehe ich gerade in Anbetracht vieler Umweltprobleme, die wir haben und die auf uns zukommen werden, eine große Notwendigkeit der Verbesserung der Situation des Naturkundemuseums. Viele Besucher, besonders Kinder und Jugendliche, erhalten gerade hier wichtige Informationen über aktuelle Natur- und Umweltprobleme.

Mutet es nicht komisch an, dass innerhalb weniger Monate seitens der Verwaltung eine Stelle für einen neuen Museumsdirektor für das Potsdam Museum geschaffen wird, die schon ab September besetzt werden soll? Für dieses Jahr kostet das die Stadt zusätzlich über 25 000 Euro, ab 2009 dann über 64 000 Euro jährlich. Für die seit Jahren offenkundigen Probleme in den Werkstätten und den Magazinen des Naturkundemuseums fehlt aber weiterhin das Geld.

Da muss ich Ihnen zustimmen. Das verwundert mich schon.

Für die Sanierung und den Umbau des Gebäudes in der Breiten Straße 11 für den zukünftigen Standort der Werkstätten, Magazine und fehlende Arbeitsräume hoffen Sie vor allem auf Förderung seitens des Landes Brandenburg?

Wir haben inzwischen vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur ein Schreiben bekommen, in dem grundsätzliche Gesprächsbereitschaft signalisiert wird.

Mit dem Bildungsministerium haben Sie auch schon gesprochen.

Vom Bildungsministerium wird ein Museumslehrer für das Naturkundemuseum eingesetzt. Und wir hoffen, dass auch von Seiten des Umweltministerium Unterstützung kommt. Denn die Arbeit des Naturkundemuseums umfasst hauptsächlich die Umwelt.

Haben Sie es mittlerweile aufgegeben, von der Stadt Unterstützung zu erhalten?

Nein, ich denke die Finanzierung solcher Häuser, die sowohl für das Land, schließlich ist das Naturkundemuseum in Potsdam das einzige in Brandenburg, als auch für die Stadt von Bedeutung sind, muss eine Gemeinschaftsaufgabe sein. Hier müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, auch externe Mittel zu nutzen.

Sie sprechen von Fördermitteln aus der Europäischen Union?

Ja, aber auch Förderungen aus dem Bundeshaushalt und von Stiftungen.

Wie schätzen Sie die personelle Situation im Naturkundemuseum ein?

Die ist relativ schlecht, besonders im Bereich Sammeln, Bewahren, Forschen. Das ist ein wichtiges Standbein eines Museums und hier können wir derzeit nur in Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Einrichtungen in der Stadt Stipendien einwerben, Qualifikationsarbeiten im Haus anbieten, Gastwissenschaftler einladen und so das Personal durch die dringend notwendige Forschung verstärken. Grundsätzlich ist es jedoch erforderlich, dass am Naturkundemuseum wieder eine zweite dauerhafte Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters geschaffen wird. Diese wurde 1999 gestrichen.

Wünschen Sie sich hier mehr Unterstützung durch die Stadt?

Bei der Wiedereinrichtung der Stelle eines zweiten wissenschaftlichen Mitarbeiters natürlich. Beim Einwerben von Stipendien ist die Hilfe der Stadt nicht erforderlich. Das kann das Haus und der Förderverein allein bewältigen. Die Rahmenbedingungen, dass die Strukturen vorhanden sind, also Arbeitsräume, da ist die Stadt genauso wie das Land gefordert. Es gibt so viele Möglichkeiten mit Instituten, Schulen und der Universität zusammen zu arbeiten. Aber da bewegen wir uns derzeit in einem Teufelskreis. So lange die notwendigen Strukturen nicht geschaffen, sprich die Gelder für die notwendigen Sanierungen und Umbauten der Breiten Straße 11 nicht zur Verfügung gestellt werden, können wir diese vielfältigen Möglichkeiten nicht nutzen.

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