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Etwas HELLA: Kräftig gemeckert und gut gefeiert

Hella Dittfeld befürwortet die Kopplung von „Brot und Spielen“

Stand:

Lassen Sie uns mal eine Milchmädchenrechnung machen. Andere haben das schon vor mir versucht, da darf ich auch mal. Also unser rauschendes Stadtwerkefest hat – und wir nehmen mal an, dass Politiker und Manager nicht immer nur die Wahrheit schönen, sondern auch mal strikt dabei bleiben – das kommunale Unternehmen rund 300 000 Euro gekostet. Noch einmal rund gerechnet haben die Stadtwerke in Kern-Potsdam und den neuen Stadtteilen rund 90 000 Kunden. Bei dieser Zahl habe ich mir erlaubt, auch die Wasserbezieher mitzurechnen, denn auch die werden ja von der Stadtwerke-Holding versorgt. Dann hätte also jeder Kunde für das Fest (diesmal genau gerechnet) 3,33 Euro bezahlt. Ist doch eigentlich kein schlechter Preis für drei tolle Tage mit Klassik, Kinderfest und jeder Menge Musik von Otto bis ZZ Top. Na ja, werden mir jetzt all diejenigen entgegenhalten, die generell lieber Zuhause bleiben und ihre Fernsehgebühren abgucken: ich bezahle doch keinen Pimperling für etwas, was mich nur nervt. Mal Hand aufs Herz, hat nicht fast jeder ein Kind, einen Enkel oder wie auch immer gearteten Herzensfreund, der hingegangen ist und dessen Spaß er also mitfinanziert hat? Aber bei 120 000 Stadtwerkefestbesuchern – rechnen wir die Auswärtigen ab, denn das Fest ist inzwischen ein Knüller mit Magnetwirkung – also selbst bei unter 100 000 Besuchern aus Potsdam, kann doch eigentlich kaum jemand ferngeblieben sein. Aber nun kommt der Knüller: Das Geld stammt gar nicht unmittelbar aus dem Portmonee der Kunden, sondern aus dem Marketingbudget der Stadtwerke, sagt Stadtwerkechef Peter Paffhausen. Den Marketingtopf haben wir Kunden natürlich auch gefüllt, aber er steht einem kommunalen Unternehmen genauso zu wie privaten. Mit einem Prozent des Umsatzes, so Paffhausen weiter, sei er aber sehr mäßig ausgestattet. Und was wäre eine Alternative? Wir sitzen ein Wochenende lang alle vorm Fernseher und bekommen dafür eine Strompreisermäßigung – jetzt mal wieder rund gerechnet – von drei Euro? Denn dass bei der verbissen angemahnten Sparsamkeit, die die Stadtwerke gefälligst zu befallen hat, dann Strom und Gas zum Schnäppchenpreis zu haben sind, glaubt doch nicht ernsthaft jemand. Aber meckern ist nun mal der Stuhlgang der Seele und auch der muss sein. Ich jedenfalls liebe das Stadtleben und habe schon den nächsten Ausflug eingeplant, nämlich den zur Erlebnisnacht am Samstag. Da kann höchstens über Lärm geklagt werden, weil den Spaß die Gastronomen und Einzelhändler aus eigener Tasche bezahlen. Sollten sie etwas auf irgendwelche Preise aufschlagen, ich will es gar nicht wissen, sondern mich amüsieren wie Bolle auf dem Milchwagen.

An dieser Stelle schreibt alle zwei Wochen Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch ihr geliebtes Potsdam etwas heller wird. Man darf aber auch ganz anderer Meinung sein.

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