
© Andreas Klaer
Von Almut Andreae: Kraftvoll und sinnlich
Engagierte „Positionen der Kunst“ von Absolventen eines aussterbenden Studiengangs: Zur aktuellen Ausstellung im KunstWerk
Stand:
Bei der Eröffnung der Ausstellung „Positionen der Kunst“ summt und brummt es im KunstWerk wie in einem Bienenstock. Zehn angehende Kunstpädagogen breiten in der Gruppenschau das ganze Spektrum ihrer künstlerischen Befähigung aus. Die zahlreich erschienenen Freunde und Angehörigen sorgen für angeregte Gespräche und dichtes Gedränge. Zu feiern gibt es die bestandene fachpraktische Prüfung als Abschluss der bildnerisch-künstlerischen Ausbildung.
Mit den gezeigten Arbeiten aus den Sparten Malerei, Zeichnung, Grafik, Computergrafik, Fotografie, Collage, Objektkunst, Video und Installation stellen die Studienabgänger eine stattliche Palette erlernter künstlerischer Techniken und Darstellungsformen unter Beweis. Im Rahmen ihrer fachpraktischen Prüfung hatten sie ein Generalthema eigener Wahl in vier unterschiedlichen künstlerischen Techniken und Verfahren zu bearbeiten. Für die Präsentation im KunstWerk haben sie aus ihren Prüfungsarbeiten eine Auswahl getroffen. In Themenwahl und Ausführung hat jeder seine ganz individuelle Position gefunden. Es gelingt beinahe ausnahmslos, sie in überzeugender Weise zum Ausdruck zu bringen.
Für den Ausstellungsbesucher gibt es in dieser Zusammenschau unterschiedlichster Herangehensweisen jede Menge zu entdecken: Malerei von Julia Schoen zum Thema „Verzweigungen“ und von Claudia Stock und von Josefine List, die zum Thema „Von der Konstruktion zur Auflösung“ auch grafisch und fotografisch bemerkenswerte Arbeiten zeigt. Gülenay Dilekci setzt in neonfarbener Farbigkeit mit Strohhalmoptik und Eddingeffekten flippige Kontrapunkte. In reduzierter Formensprache beschäftigt sich Doreen Miekley in Skulptur, Objektkunst und Computergrafik mit dem Thema „Bewegt, erstarrt“. Diana Matuschewski befasste sich mit dem Thema „Recycelbar“ und hat dafür unter anderem eine Audioinstallation in den Raum gestellt.
Mit einem Kopfhörer auf den Ohren mag sich der Betrachter angesichts eines DDR-Kühlschranks mit leeren Bierflaschen audiovisuell in die Untiefen allzu vergänglicher Zeitspuren hineinbegeben. Von gänzlich anderer Originalität ist die kinetische Plastik von Björn Petz, von dem es auch eine Videoarbeit zu sehen gibt. Einer Reihe interessanter fotografischer Arbeiten ist im oberen Ausstellungsraum von Claudia Stock zu sehen. Pflanzliche Formen wie die Walnuss, die sich auch in ihrer Malerei finden, ritzte sie als filigrane Gebilde ihren eigenen Fotos mit der Radiernadel ein.
An ihrer Seite bearbeitet Jana Bree in Grafik und Installation das Thema „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“. Ängste, Vorurteile und Beklemmungen werden durch Fragmente beinahe vergessener Kinderreime und -lieder der Sorte „Maikäfer flieg“ versinnbildlicht. Jana Bree hat sie ihren Arbeiten mit teilweise nur schwer lesbarer Handschrift eingeschrieben. Von Natur aus Rechtshänderin, schrieb sie in diesem Falle konsequent mit links: Die unbeholfene, zittrige Linie wird zum Stilmittel, um eigenes Unbehagen zu transportieren.
Weniger konkret in seiner Botschaft ist die zwischen Skulptur und Installation schwankende Arbeit von Björn Wisnewski vis-à-vis von Jana Bree und Claudia Stock. Ebenso bewegt sich die gestische Malerei von Christian Lenz in ihrer Wirkungsabsicht vergleichsweise eher am Rande des Geschehens.
Insgesamt ist den zehn Mitwirkenden der Ausstellung große Ernsthaftigkeit und enormes Engagement zu bescheinigen. Kraftvoll, sinnlich und mit frischem Elan präsentieren sie Positionen der Kunst, die sie absehbar im Kunstunterricht an die nachrückende Schülergeneration weitergeben werden. Die Aufbruchstimmung, in der sich die Studienabgänger an der Schwelle zum Ersten Staatsexamen und bald darauf zum Referendariat befinden, wird am Abend der Eröffnung von Gülenay Dilekci gleichsam für alle live besungen. Mit weicher kraftvoller Stimme widmet die deutsche Studentin türkischer Abstammung „Mein Berlin“ eine schwungvolle Liebeserklärung.
Bei so viel Enthusiasmus und hinreichend bewiesener Könnerschaft im fachpraktischen Bereich erscheint es umso mehr absurd, dass solch einem Studiengang das letzte Stündlein geschlagen hat.
Vielleicht ist es daher bereits das letzte Mal, dass sich Lehramtsstudierende des Faches Kunsterziehung nach ihrer abgelegten fachpraktischen Prüfung mit eigenen Arbeiten im Rahmen einer Ausstellung präsentieren. Der gern genutzte Studiengang für künftige Kunstpädagogen an der Universität Potsdam soll, wie berichtet, voraussichtlich bis 2011 abgewickelt sein.
Ausstellung im KunstWERK, Studentisches Kulturzentrum Potsdam, Hermann-Elflein-Str. 10. Bis zum 21. März: Mi-So von 15 -19 Uhr, Do 15-22 Uhr.
Almut Andreae
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: