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Zerfallene Häuser auf dem ehemaligen Kasernengelaende in Potsdam-Krampnitz.

© dapd

Potsdam: Krampnitz: Böx will Stadt nicht verklagen

Der Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx fordert eine Kehrtwende von Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs und sieht „Potsdam nicht so fest verankert im Rechtssystem“.

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Krampnitz - Die Käufer der Krampnitzer Kaserne wollen die Stadt Potsdam wegen des jüngsten Planungs- und Genehmigungsboykotts für ihr Projekt nicht auf Schadenersatz verklagen. „Ich bin kein Prozesshansel. Ich will den Ball flach halten. Es ist ein schönes Vorhaben. Wir werden es unbeirrt umsetzen“, sagte der Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx am Freitag den PNN. „Die Stadt wird ihre Haltung aufgeben und auf den Boden der Rechtsdemokratie zurückkehren müssen.“ Dafür müsse der Oberbürgermeister Sorge tragen. Angesichts des Umgangs mit Bauanträgen und Verträgen durch das Rathaus habe er allerdings den Eindruck, „dass Potsdam nicht so fest im deutschen Rechtssystem verankert ist.“ Die TG Potsdam plant mit Blick auf das Bevölkerungswachstum in der Hauptstadt 1600 Wohnungen.

In diesem Zusammenhang erklärte Böx, dass die TG Potsdam mit dem Finanzministerium verhandle, um die beiden Teilflächen, die zwischenzeitlich vorübergehend an das Land zurückgegeben worden waren – nämlich für die Biedermeiersiedlung und die Waldsiedlung in Krampnitz – entsprechend der geltenden „Optionsklausel“ nun endgültig zu kaufen. „Wenn wir die Grundstücke erworben haben, ist die Stadt verpflichtet, sich mit unseren Planungsabsichten zu befassen.“

Der 67-Jährige gilt als eine Schlüsselfigur der Krampnitz-Affäre. Er hatte 2007 über das Firmengeflecht der TG Potsdam die 112 Hektar große landeseigene Kaserne im Norden der Landeshauptstadt unter mysteriösen Umständen vom Land kaufen können – nach Auffassung von Landesrechnungshof und Staatsanwaltschaft für einen zu geringen Preis. Böx äußerte sich nun erstmals zur überraschenden und „nicht nachvollziehbaren“ Entscheidung der Stadt Potsdam, jetzt die Verhandlungen mit der TG Potsdam abzubrechen und die im September 2008 mit der Firma geschlossene städtebauliche Rahmenvereinbarung zur Entwicklung des Areals für unwirksam zu erklären.

Wie berichtet hatte dies die Stadt der TG Potsdam per Schreiben vom 14. Juli 2011 – in dürren zehn Zeilen – mitgeteilt, unterschrieben von Stadtplanungschef Andreas Goetzmann. Begründet wurde dies mit der „immer noch bestehenden Unklarheit hinsichtlich der eigentümerseitigen Verantwortlichkeit für das Areal“. Unter Verweis auf eine „umfangreiche rechtliche Prüfung“ der Rahmenvereinbarung wurde der TG Potsdam mitgeteilt: „Wie sich dabei herausgestellt hat, ist die Vereinbarung unwirksam.“ Böx äußerte sich verwundert, dass jedwede genaue Begründung fehlte. Einige Ansatzpunkte habe er erst bei einem persönlichen Gespräch am Mittwoch mit Goetzmann im Rathaus erfahren. Für die Stadt ist demnach die Vereinbarung wegen einer Formalie nie wirksam geworden: Sie wurde mit einer „TG Potsdam GmbH“ mit Unterschrift von „Geschäftsführer Rolf Haferkamp“ abgeschlossen. Das Krampnitzer Projekt betrieb aber die „TG Potsdam Projektentwicklungsgesellschaft GmbH,“ bei der Haferkamp laut Handelsregister gar nicht Geschäftsführer war. Das eine, sagte Böx dazu, sei eine sprachliche Verkürzung. „Es war die richtige Firma gemeint.“ Und zum anderen dürfe Haferkamp, der kaufmännische Kopf der TG Potsdam, mit Befugnis der Geschäftsführung im Namen der Gesellschaft agieren. Vor allem aber, so Böx, gelte selbst bei strittigen Fällen diese Vertragsklausel: „Die Parteien verpflichten sich, unwirksame Bestimmungen durch solche zu ersetzen, die dem Sinn und Zweck der Vereinbarung rechtlich und wirtschaftlich entsprechen.“

Böx will nun schriftlich um ein Gespräch mit Goetzmann und dem Baubeigeordneten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) bitten, „mit Kopie an den Oberbürgermeister“. Er gehe davon aus, dass die Stadt zu rechtsstaatlichen Verfahrensweisen zurückkehren werde: Dass eingereichte Bauanträge nicht bearbeitet, sondern einfach zurückgeschickt wurden, sei rechtswidrig und einmalig in Deutschland. „Anträge müssen bearbeitet werden.“ Böx kritisierte, dass die Stadt Potsdam das Areal in eigener Regie entwickeln will, für 200 000 Euro die städtische Polo GmbH mit Voruntersuchungen beauftragt habe – herausgeworfenes Geld, denn es gebe einen fertigen „Masterplan“ für das Areal. Den Gefallen, sich aus Potsdam zurückzuziehen, will Böx dem Rathaus nicht tun. „Wir haben einen langen Atem.“

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