
© Archiv/A. Klaer
Von Alexander Fröhlich: Krampnitz-Käufer zeigen Klipp an
Die TG Potsdam wollte mit Klage-Drohungen verhindern, dass die Stadt das Planverfahren stoppt
Stand:
Fahrland - In der Krampnitz-Affäre verhärten sich die Fronten zwischen der Stadt und der TG Potsdam Entwicklungsgesellschaft. Mit drastischen Drohungen hat das ins Zwielicht geratene Firmengeflecht am Mittwoch noch in letzter Minute versucht, einen Beschluss der Stadtverordneten zur Kasernen-Brache in Potsdams Norden abzuwenden. Wie die PNN berichteten, hat das Stadtparlament ein baurechtliches Untersuchungsverfahren angeschoben, mit dem jede Aktivität des Käufers für ein Jahr blockiert werden kann – und in dem der Käufer überhaupt erst einmal seine Zahlungsfähigkeit nachweisen muss. Damit will die Stadt verhindern, dass Immobilien-Spekulanten mit lukrativen Teilstücken Gewinne machen, ohne dass das dringend benötigte Wohngebiet als Gesamtensemble entwickelt wird.
In dem eilig noch am Mittwoch an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) per Fax und E-Mail verschickten Schreiben, hat die TG Potsdam verlangt, den Beschluss zu vertagen. Vorsorglich seien Anwälte beauftragt worden, eine Schadensersatzklage über bisher erbrachte Leistungen von zwei Millionen Euro und für zukünftige Gewinne vorzubereiten. Das Schreiben sei „auch nicht als Drohung zu verstehen“, heißt es in dem dreiseitigen Papier, das den PNN vorliegt. „Zur Vermeidung einer juristischen Auseinandersetzung“ wäre die TG Potsdam „Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die heutige Beschlussfassung verschieben könnten“.
Zugleich greift die Firma mit Sitz in Hannover Potsdams Baudezernenten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) frontal an. Laut ihrem Schreiben an Jakobs hat sie Strafanzeige gegen Klipp wegen übler Nachrede und Verleumdung gestellt, weil auf Basis „von Halbwissen, Vermutungen und Falschaussagen“ die TG Potsdam und am Krampnitz-Projekt beteiligte Personen“ diskreditiert und diffamiert“ werden. Zugleich wird Klipp eine Verzögerungstaktik vorgeworfen, die nun eine neue Qualität erreicht habe. Dabei bezieht sich die TG Potsdam auf ein Schreiben Klipps an die Stadtverordneten, in dem er die Gründe für den gefassten Sperr-Beschluss und die Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Investoren auflistet, was aus TG-Sicht „nicht der Realität“ entspricht.
Dabei kann sich Klipp inzwischen auf eine Reihe eindeutiger Indizien stützen. Denn mit dem Krampnitz-Deal befasst sich inzwischen ein Untersuchungsausschuss des Landtages, die Staatsanwaltschaft prüft die Aufnahme von Ermittlungen. Es besteht zudem der Verdacht, dass das Land als Eigentümer der Fläche getäuscht wurde. Auch die Stadt war davon ausgegangen, mit einem finanzstarken Investor zu tun zu haben: dass nämlich die dänische Thylander-Gruppe hinter dem TG-Firmengeflecht steht, was sich aber als falsch herausstellte. Noch dazu hat der Landesrechnungshof schwere Versäumnisse festgestellt und einen möglichen Schaden auf zehn Millionen Euro beziffert, zugleich auch empfohlen, die Kaufverträge und eine Rückabwicklung zu prüfen.
Stutzig macht zudem ein weiterer Fakt – übrigens nicht nur die Rathausspitze, sondern auch das Finanzministerium. Auf dem Briefkopf steht als Absender Rolf Haferkamp, „Geschäftsführung“, die firmiert unter der Anschrift des Hannoveraner Anwalts Ingolf Böx. Dieser steht hinter dem Firmengeflecht der TG Potsdam. Laut Handelsregister ist aber Petra Lill, lange Zeit Sekretärin von Böx, offizielle Geschäftsführerin der Firma. Haferkamp dagegen war in den vergangenen Jahren stets als „Projektleiter der TG Group Potsdam“ oder „Deutschland-Vertreter der TG Group“ aufgetreten, die TG war nach seiner Darstellung ein Zusammenschluss von 60 bis 65 Unternehmerfamilien, „zur Hälfte aus Skandinavien, zur Hälfte aus Deutschland“. Das brandenburgische Finanzministerium hatte bis vor kurzem geglaubt, hinter der TG Potsdam stehe die dänische Thylander-Gruppe. Laut Sonderbericht des Landesrechnungshofs ist das falsch, vielmehr ist das mit einfachen Tricks dem Land beim Verkauf des 112 Hektar großen Kasernen-Gelände 2007 vorgetäuscht worden.
Seither hat die TG den Start für das Wohn-Projekt immer wieder verschoben. Klipp hatte nach Bekanntwerden der Affäre in diesem Sommer wiederholt um Aufklärung gebeten, das Planverfahren vorläufig gestoppt und auch die aktuelle Voruntersuchung angeschoben, wodurch die TG Potsdam nun zur Mitwirkung verpflichtet ist. Jetzt muss sie etwa ihre Zahlungsfähigkeit nachweisen, die erheblich in Zweifel steht, nachdem die Firma ein Teil des Kaufpreises 2009 vom Land zurückbekommen hat. Es gab auch Streit mit einer Gläubigerbank.
Offiziell will das Rathaus den Vorgang nicht kommentieren. Man gehe gelassen damit um, hieß es.
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