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Landeshauptstadt: Kratere am Kranarm

Riesenvasen am Orangeriehang mit Hilfe der Musikfestspiel-GmbH restauriert

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Sanssouci - Die Musikfestspiele Sanssouci helfen mit, die Kunstwerke in den Potsdamer Parks zu erhalten. Dafür spenden sie der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten einen Euro je Eintrittskarte. Erstes sichtbares Zeugnis dieses Engagements sind die beiden riesigen Vasen links und rechts des Aufgangs zum Orangerieschloss. Für ihre Restaurierung hatte Geschäftsführerin Dr. Andrea Palent an Stiftungs-Generaldirektor Prof. Hartmut Dorgerloh 9000 Euro übergeben.

Gestern rollten die 2,55 m hohen Vasen vor der Orangerie an. Sie waren in Schöneiche bei Berlin in der Bildgießerei Seiler restauriert worden. Ein Kran hob die fast zwei Tonnen schweren Kunstwerke über die Terrassenbrüstung. Per Funk dirigierte Jürgen Haselberger die Luftfahrt. Für ihn nichts Neues, denn er hat schon vor 30 Jahren das berühmte Reiterstandbild Friedrichs des Großen von Christian Daniel Rauch vom Exil im Hippodrom des Parks Sanssouci an seinen Stammplatz unter den Berliner Linden zurückgeführt. Millimetergenau platzierten Jürgen Seiler und sein Neffe Thomas die Vasen auf ihre Sockel.

Streng genommen sind es gar keine Vasen, sondern Kratere, erläutert Dorgerloh. So hießen im alten Griechenland Gefäße zum Mischen von Wein und Wasser, die Ludwig Ferdinand Hesse Mitte des 19. Jahrhunderts als Vorbild für die beiden Schmuckstücke dienten. Der Laie kann das an der Verzierungen erkennen, die Trauben, Blattwerk und Bacchusbüsten zeigen. Nicht durchschauen kann er dagegen, dass sich unter der strahlend weißen Oberfläche, die edlen Marmor imitiert, Zinkguss verbirgt. Deshalb wurden die Kratere 1848 auch nicht in einem Bildhauerwerkstatt, sondern in der Berliner Gießerei von Friedrich Wilhelm Dankberg angefertigt. Weitere Stücke wurden für die Balustrade des Belvederes Klausberg und das Halbrondell vor dem Neuen Palais geliefert. Zinkguss war damals als neues Material für Skulpturen in Mode gekommen. Treibende Kraft für ihren Einsatz war Karl Friedrich Schinkel, der sogar davon ausging, dass so die Steinbildhauerei gänzlich abgelöst werden konnte. Doch da irrte der geniale Baumeister, weiß Sanssoucis Chefrestaurator Hans-Christian Klenner. Der Marmor vortäuschende Überzug blätterte ab, eindringende Feuchtigkeit ließ den Zinkguss korrodieren und fraß im Inneren die komplizierten Stützgerüste an. Die wiederum waren nötig, weil sich Zink beim Erkalten stark zusammenzieht. Deshalb können immer nur kleinere Stücke gegossen und müssen mit Hilfe eines Stützgerüstes zusammengesetzt werden. Das hat Restaurator Jürgen Seiler jetzt wieder getan, aber das Gerüst besteht nun aus korrosionsfestem Edelstahl und die neuartige Beschichtung lässt die weiße Außenhaut nicht mehr abblättern. Zudem fängt eine aus Blei gegossene Fußscheibe die Lasten auf, so dass auch Verformungen kaum noch möglich sind.

Die Vasen stehen wieder, und die Musikfestspiel-GmbH hat bereits das nächste Objekt für ihr Engagement ausgeguckt. Das soll die bronzene, von einem Hirsch begleitete Artemis sein, griechische Göttin der Jagd, die als Nachguss einer antiken Skulptur 1827 in Figurenrondell am Neuen Palais aufgestellt wurde. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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