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Anna Britz und Jörn Stelzner studieren und sind Unternehmer: Sie erfinden Kindermöbel zum Zusammenpuzzeln
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Im Februar wurde es für Anna Britz und Jörn Alexander Stelzner ernst. Auf der Konsumgütermesse „Ambiente“ in Frankfurt am Main stellten sie ihre Erfindung, ein Kindermöbel-Puzzle, vor. Die Tage am Messestand werden die beiden Studenten der Fachhochschule Potsdam so schnell nicht vergessen: „Wir wurden buchstäblich überrannt“, erinnert sich die Kommunikationsdesignerin Anna Britz. Die weinrote Wippe „Sesa“ und der Schlitten „Zimi“, beeindruckten Japaner, Koreaner, Amerikaner, Mexikaner und Franzosen so sehr, dass sie gleich Bestellungen aufgeben wollten. Britz und Stelzner mussten passen: Die Möbel waren noch gar nicht in Produktion.
Was aber muss man sich unter einem Möbel-Puzzle vorstellen? Die Wippe „Sesa“ zum Beispiel ist 1,8 Zentimeter flach, 90 Zentimeter breit und 150 Zentimeter lang: Im zerlegten Zustand. Sie sieht dann aus wie ein Puzzle. Denn die Einzelteile werden mit eigens dafür entwickelten Verbindungsclips aus Silikon in einer Rahmenplatte gehalten. Daran ist nicht nur der „grafische Eindruck“ schön: Die fertige Wippe kann bei Bedarf wieder zerlegt und in die Platte zurückgeklickt werden, erklärt Stelzner. So spare man sperrige Verpackungen. Die Puzzelei hat noch einen anderen Hintergedanken: Das Kindermöbel werde dadurch zu etwas Persönlichem, meint Stelzner. Denn Eltern oder Freunde könnten gemeinsam mit dem Kind das Spielzeug zusammenbauen. Das rufe Erinnerungen an die eigene Kindheit zurück, an den Baukasten unterm Weihnachtsbaum, sagt Britz.
Im Januar 2006, einen Monat vor der Frankfurter Messe, gründeten die beiden FH-Studenten ihre Firma mit dem assoziativen Namen „Tau“. Es sei der Schritt „aus der Situation des Kellerwerkelns heraus ans Tageslicht“ gewesen, so Stelzner. Vorangegangen war gut ein Jahr Produktentwicklungszeit: Der gelernte Tischler fand das Grundkonzept im Wintersemester 2005/06. Er suchte damals nach einer Möglichkeit, um handgefertigte Möbel industriell herzustellen. Seine Idee: Das Möbel, in diesem Fall war es ein Hocker, „in eine Fläche zu übersetzen“. Eine Holzplatte nämlich, aus der die Einzelteile dann per computergesteuerter Fräse herausgetrennt werden können:Der Puzzlegedanke war geboren. Im Mai 2005 war der erste Prototyp fertig. Stelzner ging damit zur Designmesse „Designmai“ nach Berlin. Die positiven Reaktionen hätten ihn überzeugt, die Idee weiterzuverfolgen, erzählt der 30-Jährige. Anna Britz unterstützte ihn dabei. Die geborene Potsdamerin erstellte die Webseite und übernahm die Medienarbeit.
„Eine Grätsche zwischen Selbständigkeit und Abschluss des Studiums“ begann für die beiden Studenten, erinnert sich Stelzner. 20 Stunden Studium, 20 Stunden Möbelprojekt, 20 Stunden Nebenjob, rechnet er vor: 60 Stunden die Woche waren beide beschäftigt und trotzdem immer nur in Teilzeit verfügbar. Das Möbelprojekt blieb für Stelzner deshalb auch „eine schwankende Sache“. Dabei lernten die Jungunternehmer parallel zu ihrem Studium schon den späteren Arbeitsalltag kennen. Und der ist nicht immer einfach. Es sei ihm klar geworden, dass Design „auch knallharte alltägliche Arbeit“ bedeutet, so Stelzner. Rechnungen, Telefonate, Patentanmeldungen, Bürokram: Selbständig sein heißt für Britz „sich freischaufeln, um irgendwann Zeit zu haben, etwas kreativ zu entwickeln“. Im Studium dagegen konzentriere man sich darauf, wie man von der Idee zum Modell kommt, so Stelzner.
Der Messeerfolg in Frankfurt war für das Designerduo nicht nur eine Bestätigung zum Weitermachen. Stelzner sah darin auch „eine emotionale Belohnung“ für die Arbeit, die man in das Projekt gesteckt hat. Denn finanziell gerechnet habe sich das Projekt bis jetzt noch nicht. Im Gegenteil: „Man steckt ja nur Geld rein.“ Das könnte sich aber bald ändern: Denn im Juni 2006 schlossen Britz und Stelzner Lizenzverzträge mit der Hamburger Firma „Klein & More“ ab. Seitdem ist für die beiden auch wieder Zeit für neue Aufträge. Und wenn alles gut geht, ist es im Februar 2007 soweit: Die ersten Wippen und Schubkarren könnten über den Ladentisch gehen.
Anna Britz wird dann voraussichtlich mit ihrem Studium fertig sein. Wenn die 26-Jährige derzeit nicht im neuen Büro im Potsdamer Centrum für Technologie sitzt, schreibt sie an ihrer Diplomarbeit. Stelzner muss bis zum Diplom noch einige Semester an der FH bleiben. Ihren Kommilitonen haben die beiden jedenfalls eins voraus: Den Einblick in die Realität nach Studienabschluss.
Das Projekt im Internet:
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