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Landeshauptstadt: Kreuz unter Palmen

Im Gebetssaal treffen sich Jugendliche und sehen fern: In Potsdam wird die Glaubens-Show „JesusHouse“ übertragen

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Mit dem Ton hapert es noch. Kurz nach Übertragungsbeginn kratzt es in den Lautsprechern des Gebetsraumes der Baptistengemeinde. Dann bleiben die Moderatoren, die zur selben Zeit in der Hamburger Fischauktionshalle auf der Bühne sitzen, stumm. „Potsdam ist die schönste Stadt der Welt“, interpretiert einer der 60 Jugendlichen aus dem sommerlich mit Palmen dekorierten Raum in der Schopenhauerstraße 8 die Lippenbewegungen. Verhaltenes Kichern.

Es ist Dienstag Abend und in der Potsdamer Baptistengemeinde wird die Auftaktveranstaltung von „JesusHouse“ übertragen. Noch bis Samstag wird es jeden Abend die Live-Schaltung nach Hamburg geben. Und Potsdam ist nur einer von 740 Orten europaweit, an denen die Show, die Jugendliche zum Glauben führen will, zu sehen ist.

Der Ton ist zurück. Einen Song von der „JesusHouse-Band“ später kommt „Verkündiger“ Torsten ins Bild. Er begrüßt die Zuschauer herzlich: „Es ist egal, woran Du glaubst!“ Mit ausgebreiteten Armen schaut er durch die Kamera direkt in die Augen von 740 mal X Jugendlichen. Dann beginnt die Predigt. Torsten erzählt von Adam und Eva, davon, was schief gelaufen ist im Paradies und vom Leben Jesu. „Ich wünsche mir, dass Menschen an diesem Abend den Ruf Gottes hören!“, ruft Torsten schließlich und lädt zu einer „Aktion“ ein.

Der Ton wird wieder leiser. Diesmal ist es keine Störung. In Potsdam tritt Tobias auf die Bühne: „Wenn ihr diesen Ruf verspürt habt, dann macht Euch gerne auf den Weg“, sagt er und zeigt auf das Kreuz aus Birken rechts von ihm.

Die Stille im Saal wird mit halblauter Jazzmusik abgedämpft. Tatsächlich erheben sich drei Jugendliche und gehen nach vorne. Ein weiterer Aufruf und es kommen noch zwei dazu. Ein Teenager-Mädchen steht neben dem Kreuz und winkt zaghaft einer Freundin zu. Dann tritt ein Pärchen den Weg an – Hand in Hand.

Verkündiger Torsten in Hamburg spricht das Gebet vor, dass die Jugendlichen mit ihm beten sollen. „Jesus, ich danke dir für dein Leben, deine Liebe.“ Fast alle in Potsdam murmeln mit.

„Jesus hat viel vor“, sagt Ricardo nach Ende der Übertragung und lächelt. „Sehr cool“ findet der 22-jährige Potsdamer den Auftaktabend. Bei der Dekoration des Raumes hat er mitgeholfen und will auch an den anderen Tagen dabei sein.

Die Freundin, die er eingeladen hatte, hat sich unterdessen schon verabschiedet. Er habe sich über ihren Besuch „richtig gefreut“, sagt Ricardo und fragt: „Hast Du mal die Offenbarung gelesen?“ Er wolle die Menschen, die ihm lieb sind, retten, erklärt er dann: „Ich glaube daran, dass Jesus mich rettet.“

Als Ricardo „JesusHouse“ vor drei Jahren zum ersten Mal erlebte, war das noch neu für ihn: Gott, Jesus, Glauben. Mittlerweile ist er Mitglied von „MOC“. Die Abkürzung steht für „More of Christ“: Eine Potsdamer Jugendgruppe, erklärt Ricardo, der gerade ein freiwilliges soziales Jahr absolviert. Die Gruppe betreibt auch ein Café: Freitags ab 17 Uhr in der Nikolaikirche. Manchmal steht Ricardo dort, im „MoCCa“, hinterm Tresen.

Zum Kreuz ist er am Dienstag nicht gegangen: „Ich hab es an dem Abend nicht gefühlt“, begründet er. „Jesus hört mich trotzdem“, glaubt er.

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