Landeshauptstadt: Kritik am Integrationskonzept
Im Alten Rathaus diskutierten 85 Konferenz-Teilnehmer über „Ansätze interkultureller Öffnung“
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Innenstadt – Für heftige Diskussion sorgte gestern das geplante Potsdamer Integrationskonzept. Gegenstand der Kontroverse auf einer Integrationskonferenz im Alten Rathaus war der im Konzept enthaltene Prüfvorschlag zur Zusammenlegung von Ausländerbeirat und Ausländerbeauftragter „in eine Struktureinheit in der Verwaltung“. Diese Idee sei „total fehlerhaft“, kritisierte Hala Kindelberger, die Vorsitzende des Ausländerbeirats.
Ausländerbeirat und Ausländerbeauftragte seien „zwei verschiedene Töpfe“, so Kindelberger weiter. Während der Beirat eine demokratisch gewählte Institution darstelle, handele es sich bei der Ausländerbeauftragten um eine Verwaltungsmitarbeiterin. Eine Vermischung beider Ebenen halte sie für „sehr gefährlich“, sagte Kindelberger. Auch Katrin Böhme, die Leiterin der Flüchtlingsberatungsstelle des Diakonischen Werkes, befürchtet, dass bei einer Zusammenlegung die Interessen der Migranten „eher geschwächt als gestärkt“ werden.
Magdolna Grasnick, die Ausländerbeauftragte, hat dagegen „kein Problem damit“. Eine Prüfung könne man immer vornehmen – über das Ergebnis werde zu diskutieren sein. „Strukturen können sich ändern“, sagte Grasnick am Rande der Konferenz mit dem Thema „Ansätze interkultureller Öffnung und Partizipation in der Landeshauptstadt Potsdam“. Insgesamt 85 Teilnehmer waren dafür ins Alte Rathaus gekommen. Eingeladen hatten die Landesintegrationsbeauftragte Karin Weiss sowie Potsdams Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick.
„Interkulturelle Öffnung“ sei nicht nur eine Frage von Gerechtigkeit oder humanitären Gründen, betonte Karin Weiss zur Eröffnung: In Zeiten von Fachkräftemangel liege die Öffnung gegenüber Migranten im „Eigeninteresse“. Voraussetzung dafür sei die „ernsthafte gleichberechtigte Teilhabe“. Weiss sprach sich für die Unterstützung von Migrantenselbstorganisationen aus – wie mit dem EU-finanzierten Weiterbildungsprojekt „Kommit“ in Brandenburg.
Schritte zur interkulturellen Öffnung in der Stadtverwaltung stellte Ausländerseelsorgerin Monique Tinney in einem Workshop vor. Sie referierte dafür aus dem Integrationskonzept, das von 75 Personen aus dem Bereich Migrantenarbeit und Verwaltung unter Federführung der Ausländerbeauftragten seit Anfang 2007 entwickelt wurde. Darin wird unter anderem vorgeschlagen, ein Internetportal für Migranten in Potsdam zu erstellen, die Sprachkompetenzen der Verwaltungsmitarbeiter zu erfassen und einen „verwaltungsinternen Sprachmittlerpool“ einzurichten. Für die Umsetzung der Vorschläge müssten Verantwortliche auf der Leitungsebene der Verwaltung benannt werden, so eine Forderung.
Das noch nicht öffentliche Integrationskonzept werde momentan von der Verwaltung geprüft, berichtete Grasnick. Sie rechne damit, dass es spätestens im Juni der Stadtverordnetenversammlung vorliegt. Migrantenvertreter sprachen sich dafür aus, dass Migranten danach an der Umsetzung beteiligt werden.
Auf Defizite im Integrationsgeschehen in Potsdam machte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) aufmerksam. Die Ressourcen der Einwanderer müssten besser geschätzt und genutzt werden, sagte Jakobs. Er sprach sich für eine verstärkte Förderung von Mehrsprachigkeit bei Migranten der zweiten Generation aus: „Es ist notwendig, dass diese Kinder und Jugendlichen auch die Schriftsprache erlernen.“ Jakobs befürwortete das kommunale Wahlrecht für Migranten aus Nicht-EU-Staaten. Bisher sind sie laut deutschem Grundgesetz von den Kommunalwahlen ausgeschlossen. Das entspreche nicht dem Stadtbürgerschaftsbegriff der momentan diskutierten Neuauflage des „Potsdamer Toleranzediktes“, so Jakobs.Jana Haase
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