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Landeshauptstadt: Kritik am Politiker-Schützenfest

Das geplante „Wohltätigkeitsschießen“ vor der Kommunalwahl sorgt für Diskussionen in der Stadtpolitik

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Das geplante „Potsdamer Wohltätigkeitsschießen der Politik“ sorgt für Irritationen. Mit dem Bauunternehmer Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis sagt nun ein Kommunalpolitiker ab, der laut Veranstaltern eigentlich seine Teilnahme schon mündlich bestätigt habe. „Ich habe zwar erst meine Unterstützung zugesagt, aber da nicht gewusst, dass daraus eine Pseudo-Politshow werden soll“, sagte Kirsch den PNN auf Anfrage. Wenn sich Politiker duellieren, solle das aus seiner Sicht nicht mit Waffen passieren. Es gehe ihm dabei nicht um das Startgeld, das wohltätigen Zwecken zugutekommen soll: „Ich werde stattdessen 100 Euro für das Kinderhilfsprojekt Spirelli-Bande spenden“, kündigte Kirsch an. Kritik kam auch von den Grünen und der linksalternativen Wählergruppe Die Andere.

Wie berichtet will die Schützengilde Ravensburg 1465 am 10. Mai – zwei Wochen vor der Kommunalwahl – erstmals ein Schützenfest der Politik in ihrem Vereinsheim an der Michendorfer Chaussee veranstalten. Während des Scheibenschießens sollen Potsdamer mit den Kandidaten der Parteien und Wählergruppen ins Gespräch kommen – ein Beitrag gegen Politikverdrossenheit, wie die Veranstalter hoffen. Außerdem geht das gesamte Startgeld von 50 Euro pro Teilnehmer an eine gemeinützige Organisation, die der Sieger auswählen kann. Zugesagt haben etwa schon SPD-Chef Mike Schubert und Peter Schultheiß von den Demokraten, wie sie den PNN bestätigten. Dagegen wird Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) seine Einladung „aus Zeitgründen“ nicht wahrnehmen können, wie ein Stadtsprecher sagte.

Initiator ist unter anderem Thomas Hintze von der Gilde, nebenbei Chef der Initiative Pro Brauhausberg. Zur Absage von Kirsch sagte er, das sei bedauerlich. Aber es stehe jedem frei, zu kommen: „Gut ist die angekündigte Spende, darum geht es schließlich.“ Es habe bereits weitere Anmeldungen von CDU- und FDP-Vertretern gebeben, das Feedback falle bisher durchweg positiv aus, so Hintze, der auch Kandidat der Linken für das Stadtparlament ist.

Doch in der Partei, die sich bundespolitisch für schärfere Waffengesetze einsetzt, ist nicht jeder glücklich über das geplante Schießen. So Matthias Lack, Linken-Spitzenkandidat im Potsdamer Norden. „Am Ende ist es eine Werbeveranstaltung für die Schützengilde“, sagt der Sozialpädagoge. „Eine Partei wie wir, die sich als Partei des Friedens versteht, sollte von solcherlei Marketingveranstaltungen Abstand nehmen.“ Bereits zugesagt hat aber schon Linke-Kreischef Sascha Krämer, von dem auch der Wunsch stammt, bei dem Fest historische Vorderlader zu verwenden – statt automatische Waffen. Noch im vergangenen Jahr nahm Krämer an einer Kundgebung gegen den in Potsdam stattfindenden Schützentag teil. „Da ging es aber darum, dass die Stadt Steuergeld in diese Veranstaltung steckte“, erklärt er. Schützenvereine gehörten zu den gesellschaftlichen Gruppen, mit denen er über die Positionen der Linken reden wolle. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, ihn habe der soziale Aspekt des Fests überzeugt.

Auch DieAndere-Geschäftsführer Lutz Boede hatte 2013 gegen den Schützentag protestiert. Die Einladung zum Wohltätigkeitsschießen habe ihn darum verblüfft. Die Andere werde nicht kommen. „Wir wollen im Wahlkampf über politische Positionen streiten und uns nicht im Sackhüpfen, Fingerhakeln oder Vorderladerschießen messen.“

Kritik kommt auch von Grünen-Geschäftsführer Andreas Walter, der ebenfalls ins Stadtparlament will: „Der Umgang mit Waffen ist kein Spiel und denkbar ungeeignet, frustrierte Wähler zu mobilisieren.“ Gerade in Schützenvereinen tummelten sich immer mehr Waffennarren: „Statt mit eher harmlosen Luftgewehren trainieren sie – ganz legal – mit etwa halbautomatischen Militärpistolen.“ Der Missbrauch legaler Waffen habe bereits mehr Opfer gekostet als der Terror der RAF.

Hintze hält dagegen: Waffenbesitzer würden streng durchleuchtet und auf ihre Eignung überprüft. In der Gilde stehe der verantwortungsvolle Umgang mit Sportgewehren, Pistolen sowie Pfeil und Bogen im Mittelpunkt. Wenn das Schießen verboten würde, so fürchtet Hintze, wäre in Deutschland „bald gar nichts mehr erlaubt – etwa der Besitz von langen Küchenmessern“. Zuletzt hatte die Polizei bestätigt, dass in Potsdam die Zahl der Waffen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist – auf zuletzt 3400. Vor zehn Jahren waren noch 2300 Pistolen und Gewehre registriert.

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