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Neubaugebiet im Potsdamer Norden: Kritik an Krampnitz-Plänen

SPD und FDP stellen die geplanten Angerdörfer infrage und fordern einen Ideenwettbewerb – Baudezernent Matthias Klipp ist dagegen.

Von Katharina Wiechers

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Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass die Stadtverwaltung ihre Pläne für die ehemalige Krampnitz-Kaserne im Norden der Stadt veröffentlichte. Die historischen Mannschafts- und Offiziersgebäude sollten demnach saniert und die Plattenbauten aus den 1980er-Jahren abgerissen werden. Kernstück des Konzepts – das insgesamt Wohnungen für rund 3800 Menschen vorsieht – waren die sogenannten Angerdörfer, die im Westen und Norden als separate Einheiten mit mehreren Einfamlienhäusern enstehen sollten. Doch dieses Konzept wird nun von SPD und FDP infrage gestellt – zum Unmut der Stadt.

In einem gemeinsamen Antrag, der am heutigen Dienstag Thema im Bauausschuss sein soll, fordern die Fraktionen die Durchführung eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs. Nur durch eine hochkarätig besetzte Jury könne ein Optimum aus dem Gelände herausgeholt werden, heißt es zur Begründung. Mit anderen Worten: Die städtische Polo GmbH, die die die Angerdörfer gemeinsam mit dem Berliner Architektenbüro Becher und Rottkamp entwickelt hat, ist überfordert. So zumindest sieht es SPD-Fraktionsvize Pete Heuer. „Das ist ein hochkompliziertes Gelände. Die Polo hat sich da überhoben, das ist eine andere Liga.“

Heuer plädiert stattdessen für den Ideenwettbewerb, um eine Vielzahl von Vorschlägen zu erhalten. Eine Idee hat auch Heuer selbst schon: Statt der Angerdörfer schlägt er eine dichtere Bebauung vor – um Kosten zu sparen. „Zwischen den Angerdörfern sind unheimlich große Flächen vorgesehen, die ungenutzt bleiben, der öffentlichen Hand aber hohe Unterhaltskosten bescheren würden“, sagt er. Er wolle in Krampnitz nicht zwangsläufig mehr Menschen unterbringen, aber die Flächen womöglich anders aufteilen. Außerdem fordert Heuer einen Gesamtvorschlag für das Gelände, um eine einheitliche Entwicklung zu erreichen.

Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) hält davon nichts. „Ich glaube, das Letzte, was wir in Krampnitz brauchen, ist ein städtebaulicher Ideewettbewerb für das gesamte Areal“, sagt er. Zwar gebe es drei oder vier Teilbereiche, die über Wettbewerbe qualifiziert werden müssten. Dies habe die Stadt auch vor und entsprechende Mittel schon eingeplant. „Aber zum jetzigen Zeitpunkt, wo wir vor den ersten Vermarktungen und vor der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht stehen, das Konzept der Angerdörfer infrage zu stellen, halte ich für komplett falsch.“ Und Klipp warnte auch vor neuen Hochhäusern in Krampnitz. „Weiteren Geschosswohnungsneubau dort hinzusetzen, wo früher mal Hochgeschosser geplant waren, ist vermarktungstechnisch falsch.“

Von Geschosswohnbau sei nie die Rede gewesen, entegegnet Heuer. Dies könne durch entsprechende Einschränkungen in der Ausschreibung für den Wettbewerb festgelegt werden. Ebenso müsse den Architekten vorgegeben werden, wie groß der Anteil an Freiflächen sein soll und wie viele Schulen, Kitas oder etwa Jugendtreffs es geben soll. Auch über das Verkehrskonzept müsse nachgedacht werden, also ob jedes Haus wie bisher geplant an das Straßennetz angeschlossen sein soll oder das neue Wohngebiet möglicherweise autofrei und mit einer Tiefgarage ausgestattet sein soll. Aus Heuers Sicht sollte eine Vorgabe auch sein, einen bestimmten Anteil an preiswerten Wohnungen zu schaffen.

Über die Zukunft des Kasernen-Geländes im Norden Potsdams wird in der Stadt seit Jahren diskutiert. Schon vor rund sechs Jahren hatte die landeseigene Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) die verlassene Brache an den Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx verkauft, der daraus nach eigener Aussage ebenfalls ein Wohngebiet machen wollte. Doch an der Seriosität des Geschäftsmanns kamen erhebliche Zweifel auf, so dass sich die Stadt dazu entschloss, das Gelände selbst zum Wohngebiet zu machen – nach dem Vorbild Bornstedter Feld.

Im Sommer stimmten die Stadtverordneten dem Vorhaben zu, aus dem 120-Hektar-Gelände ein Entwicklungsgebiet zu machen, seit dem Herbst ist es rechtskräftig. Entwicklungsgebiete gelten als härtestes Instrument im Städtebaurecht und müssen etwa durch großen Druck auf dem Wohnungsmarkt begründet sein – angesichts der für Potsdam prognostizierten Einwohnerzahlen also durchaus zu rechtfertigen. Durch den sogenannten E-Vermerk im Grundbuch sind Spekulationen ausgeschlossen und die Immobilienpreise auf dem Stand von 2010 eingefroren. Die Stadt kann nun die einzelnen Flächen an Investoren verkaufen und dabei genaue Vorgaben machen, was gebaut werden darf und was nicht.

Wie bei Entwicklungsgebieten üblich wurde zuvor eine sogenannte Vorbereitende Untersuchung durchgeführt – den Auftrag bekam damals die Pro-Potsdam-Tochter Polo. Auf über 250 Seiten erleutert die Untersuchung, was etwa mit der alten Munition auf dem Gelände passieren soll, welche Straßen, Leitungen und andere Infrastruktur nötig sind und welche Häuser abgerissen und neu gebaut werden könnten – Stichwort Angerdörfer. Dass dies nun alles lediglich ein Vorschlag sein soll und das Gelände womöglich völlig anders aussehen soll, will Klipp nicht akzeptieren. „Und deshalb werden wir versuchen, dafür zu argumentieren, dass dieser Antrag keine Mehrheit bekommt“, sagt er.

POTSDAMER NORDEN

Während in Krampnitz noch diskutiert wird, rollen an anderer Stelle im Potsdamer Norden schon die Bagger. Bis zum kommenden Jahr will der Bauunternehmer Theodor Semmelhaack mehr als 1000 neue Wohnungen in Eiche und in Fahrland fertigstellen:

EICHE

Für sein Vorhaben auf dem Gebiet der ehemaligen Kaserne Eiche zwischen der Kaiser-Friedrich-Straße und dem Schloss Lindstedt wird er demnächst von der Stadt grünes Licht bekommen. „Die Bearbeitung des Bauantrags ist in den letzten Zügen. Die Genehmigung wird in Kürze erteilt“, hieß es am Montag aus der Stadtverwaltung.

Allein in Eiche will Semmelhaack wie berichtet 730 Wohnungen errichten, davon knapp die Hälfte Studentenwohnungen. Zudem ist auf dem insgesamt rund 100 000 Quadratmeter großen Areal ein Seniorenstift mit 120 Plätzen geplant. Die Baufirma schätzt die Investitionskosten auf 70 Millionen Euro, mehr als 500 000 Euro Infrastruktur-Pflichtabgabe habe man bereits an die Stadt gezahlt. Die Studentenwohnungen sollen in vier senkrecht zur Amundsenstraße angeordneten langen Riegeln untergebracht werden. Außerdem sollen auf der Fläche in weiteren ebenfalls lang gestreckten Gebäuden 206 eher klein geschnittene Wohnungen mit Größen zwischen 30 und 40 Qudratmetern entstehen. Die restlichen 120 Wohnungen sind in 14 Bungalows und sechs Pavillons mit 46 Wohnungen untergebracht. Geplant ist eine Kaltmiete von neun bis zehn Euro pro Quadratmeter. Eigentlich hätten die Bauarbeiten bereits im vergangenen Jahr beginnen sollen. Allerdings hatten sich die Abstimmungen mit der Stadt hingezogen, zudem waren umfangreiche Abriss- und Naturschutzarbeiten notwendig. Anfang des Jahres habe man allerdings bereits mit bauvorbereitenden Maßnahmen begonnen, hieß es auf PNN-Nachfrage.

FAHRLAND

In Fahrland entstehen mit dem neuen Wohngebiet „Am Upstallgraben Süd“ insgesamt weitere rund 300 Wohnungen. Geplant sind unter anderem 19 Häuser mit 192 vorwiegend Zwei- oder dreiraumwohnungen sowie vier Gewerbe- und Büroeinheiten. Dahinter sollen zudem mehrere Doppelhaushälften, Einzel- und Reihenhäuser mit insgesamt 119 Wohnungen entstehen. Die Kosten werden auf 30 Millionen Euro beziffert. Zudem sei man mit der Stadt und dem Betreiber des dortigen Supermarkts im Gespräch über eine Erweiterung. (PNN)

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