Landeshauptstadt: Küchenuhren und Flugblätter
Eine Ausstellung im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ zeigt Privatsammlungen von Potsdamer Bürgern
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Ein kleines Foto verrät das Ausmaß der Begeisterung. Es zeigt Hans-Jürgen Krackher im heimischen Zimmer. An der Wand hinter ihm hängen Uhren. Dicht an dicht prangen sie dort, man könnte fast meinen, die Wand sei mit Uhren tapeziert. Knapp 300 Zeitmesser sind es, sagt Krackher, und zwar Küchenuhren mit Kurzzeitmessern. Der größte Teil einer solchen Uhr besteht aus einem herkömmlichen Zifferblatt mit Zeigern, darunter befindet sich die kleine Anzeige des Kurzzeitmessers, man könnte auch Eieruhr sagen. Neben diesen speziellen Zeitmessern hat Krackher über viele Jahre hinweg auch andere Eieruhren gesammelt. Eine Auswahl davon ist seit dem gestrigen Sonntag im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in einer vom Brandenburgischen Kulturbund verantworteten Ausstellung zu sehen. Gezeigt werden dort Ausschnitte aus Privatsammlungen von zumeist Potsdamer Bürgern.
„Ich bin ein Leben lang ein großes Kind geblieben“, sagte Krackher bei der Ausstellungseröffnung. Seine kindliche Neugierde habe er sich immer erhalten. Mit fünf oder sechs Jahren begann seine Sammelleidenschaft. Als Jugendlicher sammelte und verkaufte er Briefmarken. Später verlegte sich der heute 63-jährige Potsdamer unter anderem auf lithografiertes Blechspielzeug und imposante Eieruhren. In der Ausstellung zu sehen sind kleine Figuren, die in ihren Händen das klassische Zwei-Kammer-Sanduhrsystem halten: Der Sand rieselt hier von einer gläsernen Kammer in die andere. Ein grün gekleideter Hotelpage, vielleicht acht Zentimeter hoch, steht in einer Ausstellungsvitrine neben einem Zimmermädchen im schwarzen Kleid. Beide halten sie tapfer ihre Sanduhr.
Ebenfalls zu sehen ist auch eine Eieruhr, die gänzlich ohne Mechanik oder Elektronik auskommt: Es ist ein annähernd kegelförmiges Exemplar aus Aluminium, oben drauf sitzt eine Pfeife, wie man sie von Wasserkesseln kennt, an seinem Fuß hat der Kegel eine breite Krempe. Hier legt man die Eier drauf, stellt das Ganze in einen Topf, füllt das Wasser so hoch, wie auf dem Kegel angegeben. Dann ab auf den Herd. Wenn alles gut geht – und wie Krackher versichert, funktioniert das wirklich –, sind die Eier genau dann gut, wenn die Pfeife auf der Kegelspitze ertönt.
In Potsdam mit seiner Sammlung schon längst kein Unbekannter mehr ist der 84-jährige Horst Goltz. Eine Auswahl seiner umfangreichen Flugblattsammlung können die Besucher in einem eigenen Raum im Güldenen Arm betrachten. Die Flugblätter waren Propaganda im Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg. Seine Sammlung umfasse rund 2000 Flugblätter, etwa 200 davon habe er selbst gesammelt. „Das erste Flugblatt fand ich nach einem britischen Luftangriff im Sommer 1943“, erzählte Goltz während der Ausstellungseröffnung. Damals war er 13 Jahre alt und lebte auf Hermannswerder. Dass auf die Verbreitung von Feindpropaganda im Krieg die Todesstrafe stand, sei ihm bewusst gewesen. Daher habe er die Blätter während der Kriegszeit mit niemandem getauscht. Während die Flugblätter im Zweiten Weltkrieg von Flugzeugen abgeworfen oder mit Granaten verschossen worden seien, habe man im Kalten Krieg Ballons für den Transport genutzt, so Goltz.
In der Schau zu sehen sind auch jede Menge Schellackplatten, die der Potsdamer Siegfried Lachmann gesammelt hat. Bei der Eröffnung gab er auf seinem etwa 80 Jahre alten Grammophon eine kleine Kostprobe seiner klingenden Leckerbissen: Mit historischem Vogelgezwitscher im Hintergrund erklang der Schlager „Im Rosengarten von Sanssouci“.
Passend zur Adventszeit findet sich in der Ausstellung auch eine kleine Sammlung von Weihnachtspyramiden. Danuta und Matthias Görnandt haben diese teils kuriosen Exemplare zusammengetragen, darunter eine Pyramide, die von einer Menora, dem siebenarmigen jüdischen Leuchter, gekrönt wird. Figuren, wie auf Weihnachtspyramiden üblich, sucht man hier vergebens. Wie die Görnandts recherchieren konnten, baute ein Schlosser aus dem Ruhrgebiet in den 1920er-Jahren dieses motorgetriebene Exemplar selbst. Der Mann hatte eine jüdische Frau und versuchte mit dieser Pyramide offenbar, die christliche und die jüdische Tradition miteinander zu verbinden.
Die Schau ist bis zum 25. Januar 2015 im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in der Hermann-Elflein-Straße 3 zu sehen. Öffnungszeiten: Mi. bis So. 12 bis 18 Uhr
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