Landeshauptstadt: Kulturtänzer im Aufbruch
Lindenpark, Waschhaus, Archiv – und bald Freiland: Belebt sich Potsdams Jugendkultur?
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Der Winterschlaf ist vorbei – pünktlich zum Frühlingsanfang kündigt sich für Potsdams Jugendsoziokultur ein spannendes Jahr an, mit neuen Gesichtern, frischen Partys und einem lang erwarteten „Freiland“ zum Feiern. Eine Kernfrage: Wird es gelingen, mehr junge Potsdamer für Partys in der Landeshauptstadt zu begeistern, obwohl Berlin so nahe ist? Ein Rundgang.
Lindenpark, Stahnsdorfer Straße
Juliane Riedel hat eine Mission: „Der Lindenpark darf nicht sterben.“ Die 31-Jährige soll zusammen mit der fünf Jahre jüngeren Studentin Marie Frevert das nach einer Insolvenz lädierte Image des Hauses reparieren. Die beiden jungen Frauen sind nun für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und gehören zu vier neuen Mitarbeitern im Haus – die zwei haben eine klassische „Lindenpark“-Sozialisation durchlaufen. „Ich war schon bei den Maxi Playback Shows dabei – braun angemalt, als Jerome von den Jackson Five“, erinnert sich Juliane Riedel an einen frühen Auftritt im Lindenpark. Auch Marie Frevert hat die Babelsberger Bühne schon mit der Potsdamer Frauenpower-Rockband „Loosavanna“ kennengelernt, bei der sie Bass spielt und singt. „Inzwischen haben wir beide festgestellt, dass wir früher bei den gleichen Partys im Lindenpark waren“, sagt Juliane Riedel und erinnert an beliebte Reihen wie „Run for Fun“, die es heute nicht mehr gibt. Der Lindenpark setzt auf neue Formate: Etwa die „Karrera Klub“-Indie Nacht, die ab 20. März einmal im Monat steigen soll – präsentiert von Motor FM. „Endlich wird so eine Party ’mal wieder im Radio angepriesen“, sagt Marie Frevert. Ob solche Veranstaltungen funktionieren? Zumindest haben die zwei Neuen Erfahrung im hiesigen Nachtleben und veranstalten über den Verein Kulturtänzer e.V. die Potsdamer Ausgabe der Fête de la Musique.
Waschhaus, Schiffbauergasse
Kein demonstrativer Neustart wie im Lindenpark – alle Veränderungen im Waschhaus-Programm finden „fließend“ im laufenden Betrieb statt. Das sagte Robert Witzsche, 31 Jahre alt und Sprecher für das Haus. Zugleich lädt er junge Potsdamer ein, die einzelnen „Waschgänge“, sprich Partys des Hauses, mitzugestalten: „Unsere Projektleiter begleiten junge Potsdamer gern auf dem langen Weg zu einem erfolgreichen Projekt.“ Viele Beispiele nennt er dafür: Von den kuscheligen „Ruby Tuesdays“-Akustikabenden bis zur neuen „Audiomax-Reihe“, bei der sich Studenten als DJs ausprobieren können. „Das Motto: ,Mitmachen statt nur konsumieren steht bei uns ganz weit oben.“
Archiv, Leipziger Straße
Für das Archiv wird es ein baustellenreiches Jahr – 200 000 Euro aus Potsdams Stadtkasse müssen in den Brandschutz investiert werden. Wann damit begonnen werden kann, ist nach Angaben des Trägervereins fraglich. Der Zeitplan habe sich wegen unvorhersehbarer Probleme verschoben, bis Ende August sei aber noch Zeit zum Bauen, heißt es. Dem Spielplan im Haus ist schon jetzt anzusehen, dass im Juli und August keine Konzerte geplant sind – dann muss zwei Monate auf internationalen Krach-Mix aus vor allem Punk und Hardcore verzichtet werden.
Freiland, Friedrich-Engels-Straße
Es ist beschlossen – doch trotz der Entscheidung der Stadtverordneten für das geplante „Freiland“-Jugendzentrum ist noch vieles unklar: Ein Betreiber soll per Ausschreibungsverfahren bis Juni gefunden werden. Und wer vermittelt etwa die Jugendarbeit, die mit 100 000 Euro am Gelände geleistet werden muss? Derzeit will die Stadtverwaltung auf solche Fragen nicht antworten – verwiesen wird auf den Hauptausschuss am nächsten Mittwoch und den Tagesordnungspunkt: „Kriterien für das öffentlichen Vergabeverfahren - Projekt freiLand“. So klingen Jugendkulturträume in der Bürokratie. Henri Kramer
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