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Landeshauptstadt: Kulturzentren im Test: Waschhaus bleibt Problemfall Stadt lässt Soziokultur-Einrichtungen untersuchen.

Vielfältige Angebote, mangelnde Kommunikation

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Das Waschhaus kränkelt. „Dringenden Handlungsbedarf“ sieht hier nicht nur Hermann Voesgen. Der Professor für Kulturarbeit an der Fachhochschule Potsdam (FH) stellte am gestrigen Donnerstag gemeinsam mit Kulturdezernentin Iris Jana Magdowski (CDU), Kulturfachbereichsleiterin Birgit-Katharine Seemann und Jugendamtsleiter Norbert Schweers die Ergebnisse einer Evaluation der vier großen soziokulturellen Zentren Potsdams vor. Im Auftrag der Stadt hatten drei Studentinnen der FH dafür während mehrerer Wochen Waschhaus, Lindenpark, Freiland und Archiv besucht. Sie nahmen an Veranstaltungen teil und führten Interviews mit den Betreibern, um Anspruch und Umsetzung der Konzepte zu prüfen. Das Fazit: Es gibt ein breites Angebot, das aber noch besser genutzt werden könnte.

WASCHHAUS

Während für drei Einrichtungen überwiegend positive Bilanz gezogen werden kann, läuft es im Waschhaus immer noch nicht oder – erinnert man sich an die überwundene Pleite 2008 – wieder nicht so, wie es sich die Stadt als größter Geldgeber wünscht. Etwas über 500 000 von Stadt und Land fließen derzeit in das Haus, einem der wichtigsten Kulturanbieter des Standorts Schiffbauergasse. Seit geraumer Zeit gibt es über die inhaltliche Ausrichtung Differenzen unter Mitarbeitern. Die Stadt hat wiederum keinen Einfluss auf Verteilung der Mittel für die Bereiche Tanz, bildende Kunst und das Kerngeschäft Musik. Gerade die Verantwortlichen für den Kunstraum beklagten in der Vergangenheit die unzureichenden Zuwendungen. Der vorliegende Bericht bescheinigt dem Waschhaus zudem „schlechtes Betriebsklima, unzureichendes Marketing der Bereiche Tanz und Kunst, fehlende Synergien sowie fehlende Eigeneinnahmen“.

Um das große Potenzial des Standortvorteils zu nutzen, brauche das Haus dringend ein arbeitsfähiges Team, so Voesgen. Sinnvoll wäre eine abgestimmte Besetzung der vakanten Stelle des Künstlerischen Leiters sowie der des Geschäftsführers, sollte Wilfried Peinke wie angekündigt im Sommer 2012 gehen. Man werde das Gespräch mit den Gesellschaftern suchen, wünschenswert wäre ein modifizierter Vertrag mit dem Betreiber, um der Stadt künftig mehr Mitspracherecht einzuräumen. Der derzeitige Vertrag ist frühestens zum Jahresende 2013 kündbar.

Lobenswert sieht die Studie die Veranstaltungsvielfalt für eine breit gefächerte Besucherstruktur. Ob man den Anspruch, einen Kessel Buntes für Teilnehmer von 18 bis 80 bereitzuhalten, aufrechterhalten kann, sei jedoch fraglich. So hatte in diesem Jahr die Aufnahme einer Operette in das Programm für Diskussionsstoff gesorgt und auch nicht die erwarteten Einnahmen gebracht. Die Höhe der städtischen Zuwendungen für 2012 steht laut Stadt noch nicht fest.

LINDENPARK

Als einziges soziokulturelles Zentrum der Stadt spricht der Lindenpark nicht nur Jugendliche, sondern auch Familien mit Kindern an. Erfreulich seien die täglichen Öffnungszeiten, die das Gelände zu einem Anlaufpunkt für diverse Freizeitaktivitäten machen. Lobenswert die starke Nachwuchsförderung auf dem Gebiet der Musik, besonders durch den Mach Musik e.V. und das Angebot von Probenräumen, ebenso die Verbindung von Kultur- und Sozialarbeit, die Vernetzung mit weiteren Anbietern sowie die Möglichkeiten zur Eigeninitiative. So werde die Skateranlage von den Jugendlichen selbst verwaltet. Mangelhaft sei die schlechte Auslastung mancher Konzert-Events, die an der fehlenden ÖPNV-Anbindung liegen könnte. 300 000 Euro plus Mietkosten zahlt die Stadt jährlich, das Land 45 000.

ARCHIV

Überraschend gute Noten bekommt das Archiv. Über „großes persönliches Engagement der Beteiligten seit 1994“ auf komplett ehrenamtlicher Basis für einen festen Publikumsstamm freute sich nicht nur Voesgen. Das Selbstverständnis: „Das Archiv ist das, was du machst“, sei auch bürgerliches Engagement, sagte er. Für die Sanierung des Hauses zahlte die Stadt bisher 225 000 Euro, aber: „Wer sich ein Kupferdach bauen lässt, sollte sich auch ein Archiv leisten“, so Voesgen. Etwas mehr Öffentlichkeitsarbeit und weniger Abgrenzung wären wünschenswert, ist im Bericht festgehalten. So fehlt zum Beispiel ein simples Hinweisschild auf den Standort. Die scheinbar geschlossene, politisch eher links orientierte Zielgruppe sei allerdings sehr offen, der Veranstaltungscharakter reiche von experimentell bis zur Buchlesung.

FREILAND

Der jüngste Spross in der Kulturlandschaft, der auch den Spartakus-Club beheimatet und am 13. Mai dieses Jahres eröffnet wurde, entwickele sich zufriedenstellend, auch durch starke ehrenamtliche und institutionelle Unterstützung. Hier hätten sich die Stadtwerke vorbildlich eingebracht, von der Stadt selbst kamen bisher Zuschüsse in Höhe von 125 000 Euro. Etwa 120 Jugendliche sind im Freiland aktiv, laut Voesgen ein „zukunftsträchtiges Modell“, trotz vieler bürokratischer Hürden, die es zu überwinden gab, wie Magdowski lobte. Der hohe Sanierungsbedarf der Gebäude und die flache Hierarchie der vielen Mitwirkenden, die schnelle Entscheidungsprozesse erschwere, schlugen negativ zu Buche.

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