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Puzzlespiel. Einen passenden Kitaplatz zu finden, wird für Potsdamer Eltern zum entnervenden Marathon. Besonders schwierig ist es, einen Platz im laufenden Kita-Jahr zu ergattern.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Kurz nach sieben Uhr war der Gang schon voll

Eine Mutter will bald wieder arbeiten – daraus wird wohl nichts. Protokoll einer Kitaplatz-Suche

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Ihr Sohn war noch gar nicht geboren, da machte sie schon die ersten Besuche bei Kitas. Schließlich wollte die junge Mutter ein Jahr nach der Geburt wieder arbeiten gehen. Doch damit wird es wohl nichts, wie sie heute bilanziert. Mit ihrem Chef – „er ist gottseidank sehr flexibel“ – hat die Potsdamerin bereits eine Regelung gefunden, um länger zu Hause bleiben zu können. „Wir stehen auf mehreren Nachrückerlisten. Kann sein, dass sich im März etwas ergibt, aber wir glauben nicht mehr daran“, sagt Christin Meier, die ihren wirklichen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Aus Angst, noch länger warten zu müssen. Die 34-Jährige erzählt eine Geschichte, wie sie viele Eltern in der Landeshauptstadt nur zu gut kennen.

Bezeichnend dafür ist schon die Tatsache, dass Potsdamer Familien im Freundeskreis den möglichst frühzeitigen Gang zur Kita der Wahl empfehlen. Am besten schon anmelden, wenn das Kind noch gar nicht da ist, heißt es oft. In der Praxis ist das nach Christin Meiers Erfahrung aber kein brauchbarer Tipp: Denn die meisten Einrichtungen nehmen Anträge nur nach der Geburt des Kindes an.

Dann erst können sich die Eltern auch den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz von der Stadt bescheinigen lassen. „Wir haben uns dafür gleich mit dem Elterngeldantrag angemeldet“, erzählt Christin Meier. Dann ging der Marathon los: An sechs Kitas und bei zwei weiteren Kita-Trägern hat Meier sich beworben, den Anträgen monatelang hinterhertelefoniert, sich von Woche zu Woche vertrösten lassen, hat ihr Glück auch bei Tagesbetreuern versucht. Und am Ende doch nur Absagen bekommen.

Allein das Prozedere ist überall verschieden: Bei einer Kita ist die Bewerbung per Mail möglich, anderswo kann man sich zumindest das Anmeldeformular ausdrucken. Anderswo gibt es einen Termin, an dem Eltern sich persönlich bewerben können. Den Anblick wird Christin Meier nicht vergessen: Für „ab neun Uhr“ hatte die Leiterin einer Potsdamer Kita die Eltern eingeladen. Als Christin Meier kurz nach sieben in der Einrichtung aufkreuzte, gab es dort schon eine lange Schlange. „Der ganze Gang war voll, auf Kindergartenstühlen saßen Omas und Anverwandte oder Mütter mit ihren Babys.“ Es ist ein Extrembeispiel.

Dass es bei der Kitaplatzvergabe Optimierungsbedarf gibt, weiß man auch im Rathaus. Erst unlängst hat die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) ein einheitliches Vergabeverfahren in Aussicht gestellt. Dafür muss die Verwaltung die 46 Kita-Träger der insgesamt 114 Einrichtungen aber erst einmal gewinnen.

Dabei hat sich die Situation schon verbessert, wie man im Rathaus betont. 14 000 Kita-Plätze gibt es aktuell in Potsdam, im kommenden Jahr sollen es wieder 430 mehr sein. Zum Vergleich: 2002 waren es gerade mal 6000. 93 Prozent aller Kinder von drei bis sechs Jahren haben derzeit einen Kita-Platz, bei den Null- bis Dreijährigen sind es aber nur 56 Prozent, wie Stadtsprecher Jan Brunzlow sagt. Ziel sei es, die „Versorgungsrate“ bei den Jüngsten bis 2014 auf 60 Prozent zu erhöhen.

Auch der „Kita-Tipp“ ist ein Hilfsangebot der Stadt. Die drei Mitarbeiter sollen Eltern bei der Suche unterstützen. 2010 konnten so laut Stadt 389 von 538 betroffenen Kindern tatsächlich in Kitas vermittelt werden. Der Sohn von Christin Meier gehört nicht zu ihnen. Die Mutter ist mittlerweile auf der „Akutliste“ des Kita-Tipp gelandet. Damit sollen kurzfristig freigewordene Plätze vermittelt werden. „Bis November waren wir uns noch ziemlich sicher, dass es irgendwo klappt“, sagt Christin Meier. Dass sie wie geplant im Februar wieder arbeiten kann, glaubt sie nicht mehr. Immerhin: Ab September 2012 hat sie einen Kitaplatz. Die Monate bis dahin wird sie wohl auch aus Ersparnissen bestreiten müssen.

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