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Wohnungsmarkt in Potsdam: Kurz vor dem Notstand

In Berlin und Brandenburg fehlen Wohnungen. Der Verband BBU fordert deshalb einen massiven Wohnungsneubau in der Region. Potsdam ist dabei vorbildlich

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Berlin/Potsdam – Potsdam geht mit dem erwarteten Bevölkerungswachstum in den kommenden Jahren vorbildlich um. Das ist das Fazit des Verbandes Berlin-Brandenburger Wohnungsunternehmen (BBU), der am Donnerstag den Marktmonitor 2015 vorstellte. Während Berlin jahrelang auf den Zuzug nicht reagiert habe, habe die Landeshauptstadt seit Jahren eine hohe Schlagzahl beim Neubau und ein wohnungspolitisches Konzept, lobte BBU-Vorstand Maren Kern. „In Potsdam läuft es besser als in Berlin.“ So wurden zuletzt zwölf Wohnungen je 1000 Bestandswohnungen fertiggestellt – mehr als das Dreifache im Vergleich zu Berlin, das kurz vor einer Wohnungsnot stehe. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie für Potsdam.

Wie haben sich die Mieten entwickelt?

Die Bestandsmieten steigen in der Landeshauptstadt weiter stärker als die Verbraucherpreise. In Potsdam wurden im Schnitt 5,45 Euro verlangt und damit weniger als in Teltow (5,85 Euro) und Wildau (5,77). Die Kaltmieten stiegen gleichwohl um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei Neuverträgen wurden im Schnitt 6,43 Euro pro Quadratmeter verlangt. Wesentlich teurer sind die Mietpreise in Babelsberg und der Innenstadt. Hier müssen deutlich mehr als neun Euro pro Quadratmeter bezahlt werden. Zugleich sind die Nebenkosten in Potsdam mit 2,70 Euro pro Quadratmeter sehr hoch. In Leipzig sind es nur 1,92 Euro. In ganz Brandenburg legten die Bestandsmieten bei den rund 350 BBU-Mitgliedern um 2,1 Prozent im Vergleich zu 2013 zu. Durchschnittlich wurde eine Kaltmiete von 4,79 Euro pro Quadratmeter fällig. Besonders hoch sind die Mieten im Berliner Umland, während hauptstadtferne Städte wie Pritzwalk und Wittstock/Dosse kaum Zuwächse hatten. „Diese Entwicklung ist wirklich besorgniserregend“, sagte Kern. Investitionen seien ohne Mietsteigerungen schwieriger zu finanzieren.

Gibt es bereits eine Immobilienblase?

Nein, sagt jedenfalls BBU-Sprecher David Eberhart. Zwar hätten sich die Kaufpreise für Immobilien in Potsdam etwas von den Mieten entkoppelt. Der Markt sei aber zu klein. So könne ein Interessent nach Berlin oder andere Städte ausweichen. So lange der Zuzug nach Potsdam weitergehe, sei eine Immobilienblase nicht zu befürchten, sagte er.

Helfen Mietpreisbremse und Kappungsgrenze, um hohe Mieten zu verhindern?

Nein, meint der BBU. Zwar gibt es demnach Auswüchse am freien Markt, die damit behoben werden könnten. Zugleich versuchten gerade Genossenschaften, Wohnungen quer zu subventionieren, argumentiert Eberhart. So würden von einem Arzt höhere Mieten als von einer alleinstehenden Mutter verlangt. „Je mehr eingeschränkt wird, umso schwieriger ist die Quersubventionierung. Das einzig Vernünftige ist, dass mehr gebaut wird“, sagte Eberhart.

Was sind die Ursachen für die steigenden Mieten?

Vor allem der Zuzug. Potsdam rechnet mit mehr als 190 000 Einwohnern bis 2030 bei derzeit mehr als 166 000 Potsdamern. Allein die stadteigene Pro Potsdam will bis 2019 rund 1500 Wohnungen errichten. Laut Kern müssten in den kommenden 15 Jahren aber 10 000 neue Wohnungen entstehen.

Was kann gegen eine Wohnungsnot getan werden?

Bauen, wo immer es geht. Kern sparte dabei nicht an Kritik am Land Berlin. So sei sie belächelt worden, als sie vor Jahren schon ein Neubauprogramm für die Hauptstadt gefordert habe. Jetzt fehlen laut BBU-Studie bis 2030 hier rund 300 000 Wohnungen. Auch in Potsdam müsste Kern zufolge noch mehr getan werden. Sie schlug vor, enger zu bauen, geringere Abstände zwischen den Häusern zu wählen und auch über Hochhäuser nachzudenken.

Welche Folgen hat die hohe Zahl an Flüchtlingen für den Wohnungsmarkt?

Laut Kern hoffentlich keine. Der Zuzug von Flüchtlingen verstärke sicherlich die Nachfrage auf den Wohnungsmärkten, das geringe Angebot werde aber nicht durch sie verursacht, warnte Kern. Das Wachstum müsse sozial gestaltet werden, forderte sie. Dazu müssten mehr Mittel etwa für das Programm Soziale Stadt bereitgestellt werden.

Wie sieht es mit anderen brandenburgischen Städten aus?

Hier könnte laut Kern der Wohnungsmarkt in der Region entlastet werden. So gebe es im Umkreis von 60 Minuten Bahnfahrt von Berlin aus rund 10 000 freie Wohnungen, etwa in Brandenburg (Havel), Eberswalde oder Wittenberge. In der Berliner und Brandenburger Politik fehle aber die Wahrnehmung als gemeinsame Metropolregion. Offensichtlich sei „die Mauer noch nicht lang genug weg“, kritisierte sie und forderte ein besseres Marketing der Gemeinden sowie gute Nahverkehrsverbindungen.

Stefan Engelbrecht

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