zum Hauptinhalt
Einsatz für die Wissenschaft. A. Wicklein mit GFZ-Direktor R. Hüttl.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Kuschelkurs für die Königin

Auf der SPD-Wahlkreisdelegiertenkonferenz bekam Andrea Wicklein 96,8 Prozent der Stimmen

Stand:

Innenstadt - „Unsere Königin wird den Kaiserwahlkreis holen!“ Da war sich eine Delegierte auf der SPD-Wahlkreisdelegiertenkonferenz am Samstag sicher. Arbeiterführer Karl Liebknecht habe es da 1911 erheblich schwerer gehabt, die „Kaiserlichen“ in Potsdam auszustechen, fand sie. Andrea Wicklein, einzige SPD-Direktkandidatin für den Bundestagswahlkreis 61, zu dem Potsdam sowie Teile von Mittelmark und Teltow-Fläming gehören, wurde denn auch gehätschelt wie eine Prinzessin. Keine Konkurrenz, keine unangenehmen Fragen, und das Wahlergebnis schließlich selten eindeutig: Die bei ihren Wählern und in Parteikreisen beliebte Bundestagsabgeordnete holte 96,8 Prozent der Stimmen. Von 125 Delegierten votierten 120 für sie. Und so hörte sich alles ein bisschen nach Schmusekurs an, besonders wenn es um Landesthemen ging.

Ganz ohne Kritik kam jedoch auch die rot-rote Regierung Brandenburgs nicht davon. Für ihr Spezialthema Hochschullandschaft und Forschung – Wicklein sitzt im Bildungsausschuss des Bundestags – hatte sich Andrea Wicklein mit Reinhard Hüttl einen Verbündeten geholt. In seinem Gastbeitrag zeigte der Leiter des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) und Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft auf, dass Brandenburg bei der Landesförderung der Hochschulen und Universitäten in allen Kategorien das Schlusslicht bildet. Dabei habe gerade Brandenburg ein hohes Potenzial an wissenschaftlichen Einrichtungen, die dringend gut ausgebildeten Nachwuchs brauchten, sagte der Geoforscher.

Hüttl machte aber auch klar, dass trotz der stiefmütterlichen Behandlung der Unis und Hochschulen durch das Land dort hervorragende Arbeit geleistet werde und die Zahl der Studierenden ständig steige. Sie sei im Wintersemester auf über 51 000 angewachsen. Hüttl sprach sich gegen das im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern bei der Hochschulförderung aus. Den Einrichtungen gingen dadurch wichtige Bundesmittel verloren. „Hier muss sich etwas ändern“, sagte der GFZ-Chef und bat die Bundestagsabgeordnete, sich dafür einzusetzen, dass dieses Verbot fällt. Die Frontfrau der SPD sieht da selbst Änderungsbedarf. Wicklein vertritt außerdem die Ansicht, dass die Studieneinrichtungen in Brandenburg unterfinanziert sind und mehr Geld benötigen. Sie begrüßte, dass Potsdam nach langen Diskussionen und trotz der Sparzwänge die juristische Fakultät behalten darf. Obwohl sie zugestand, dass das Land sparen müsse, sei doch Sparen bei der Bildung der falsche Ansatz. Sie fand es stattdessen wichtig, neue Einnahmen zu erschließen und zum Beispiel den Spitzensteuersatz anzuheben.

Die Industrie- und Handelskammer habe die SPD mit Bedacht als Tagungsort gewählt, betonte Wicklein: Die Förderung mittelständischer Unternehmen liege ihr am Herzen. Gerade der Mittelstand müsse besser in die Lage versetzt werden, kreative Ideen umzusetzen. Sparen will Wicklein auch nicht bei der Durchsetzung von Mindestlöhnen. Der Verdienst eines Vollbeschäftigten müsse zur Finanzierung des Lebens ausreichen. Unter Beifall forderte sie zudem die Gleichbezahlung von Mann und Frau und die Beseitigung der Lohn- und Rentenunterschiede zwischen Ost und West. Ihr Einsatz, erklärte sie, gelte zudem dem Erhalt bezahlbarer Mieten, garantiert auch durch Förderprogramme. H. Dittfeld

H. Dittfeld

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })