Landeshauptstadt: „Kyrill“ legt Verkehr lahm
Wärmster 18. Januar seit 1893 / 34 Liter Regen pro Quadratmeter / Feuerwehr im Dauereinsatz
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Die Potsdamer Feuerwehr hat gestern einen ihrer größten Einsätze seit Jahren erlebt. Diese Einschätzung traf gestern der Chef der Leitstelle, Thomas Maetz, am späten Abend. Mehr als 40 Einsätze zum Auspumpen des Regenwassers, mehr als zwei Dutzend Bäume hielten dem abendlichen Sturm nicht Stand und zahlreiche Schäden an Autos zählte die Feuerwehr. Straßen standen unter Wasser, der öffentliche Personennahverkehr kam ab 22 Uhr vollständig zum Erliegen. Zu dem Zeitpunkt stand laut Deutschem Wetterdienst das größte Unwetter jedoch noch aus.
Schon vorher waren die Auswirkungen von „Kyrill“ besonders für den Verkehr spürbar: Ab 19 Uhr war die Bahnstrecke zwischen Potsdam und Berlin dicht, die S7 fuhr nur noch zwischen Hauptbahnhof und Griebnitzsee. Grund war ein auf eine Stromschiene der S-Bahn gefallener Baum zwischen Wannsee und Griebnitzsee. „Wir mussten eine S-Bahn evakuieren“, sagte Gisbert Gahler, Sprecher der Berliner S-Bahn-Betriebe. Die Reperaturarbeiten waren bis Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen. Zuvor hatte schon die Deutsche Bahn den Regionalverkehr in der Potsdamer Region eingestellt. Auch der ViP musste ab 18.35 Uhr seinen Straßenbahnverkehr in der Stadt zum Großteil einstellen, weil Bäume in Babelsberg, in der Heinrich-Mann-Allee und in der Kastanienalle die Strecke versperrten. Ab 22 Uhr wurde laut Stadtwerke-Sprecher Stefan Klotz der Verkehr eingestellt. Ebenso hat die Havelbusverkehrsgesellschaft die Busse früher als planmäßig in die Betriebshöfe beordert. Heute morgen, so Klotz gestern, soll der Verkehr je nach Witterungsbedingungen wieder normal aufgenommen werden.
Die Potsdamer Feuerwehr kämpfte dagegen vor allem mit dem sintflutartigen Regen, der gegen 18.30 Uhr in Potsdam niederging und mehrere Straßen im gesamten Stadtgebiet unter Wasser setzte. Bis 19 Uhr hatte es seit früh um 7 Uhr im Schnitt 34 Liter Wasser pro Quadratmeter geregnet. Schon zu dieser Zeit erreichten einzelne Windböen Geschwindigkeiten von bis zu 110 Kilometer pro Stunde. Gleichzeitig wurde vom Deutschen Wetterdienst für Potsdam mit 12,8 Grad Celsius die höchsten Temperatur an einem 18. Januar seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1893 gemessen.
In den Schulen der Stadt hatten gestern viele Schüler Unterrichtsausfall. Das Brandenburger Bildungsministerium hatte am Vormittag den Schulen freigestellt, wann sie ihre Schüler nach Hause schicken. Gleichzeitig ließ die Stadtverwaltung ihren Hort in Neu Fahrland schließen, nachdem die Eltern dort ihre Kinder abgeholt hatten. „Wir haben auch den privaten Kitas empfohlen, dass die Eltern dort ihre Kinder noch vor dem Sturm abholen“, sagte eine Sprecherin der Stadt. An der Universität Potsdam ging nach Angaben einer Sprecherin der Betrieb normal weiter. Dagegen hatte die Volkshochschule gestern alle Kurse abgesagt, einige Ladenbesitzer in der Stadt sperrten ihre Geschäfte früher zu.
Eine offensichtliche Gefahr bestand in der Stadtmitte: Kuppel und Laterne der Nikolaikirche sind immer eingerüstet. „Ich werde dafür beten, dass nichts Schlimmes passiert“, sagte der Geschäftsführer der St. Nikolaigemeinde Joachim Uhlig. Die Baugerüste seien mit Stahlseilen gesichert, und im Vorfeld des Sturms hätte sich sowieso nichts verbessern lassen. Eigentlich hätte die Rüstung um die 78 Meter hohe Laterne schon Mitte November abgebaut werden können, so Uhlig. Seitdem zahle die Gemeinde dafür auch nicht mehr.
Für heute erwartet der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine allmähliche Entspannung der Lage. Allerdings wird am Vormittag noch eine Windstärke von 5 bis 6 in Potsdam erwartet, einzelne Böen sollen bis zu 70 Kilometer pro Stunde erreichen. SCH/gb/HK/jab
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