Landeshauptstadt: L. Wollersheim & R. Rittinghaus: Die verlorenen Akten – Teil 4 von 5
An dieser Stelle wird zur Zeit die erste Gewinnergeschichte des Potsdamer Storytausch-Wettbewerbs in fünf Teilen veröffentlicht. Diese ist nun der vorletzte Akt des Stückes „Die verlorenen Akten“ aus der Feder von Lea Wollersheim und Robert Rittinghaus vom Potsdamer Schiller-Gymnasium.
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An dieser Stelle wird zur Zeit die erste Gewinnergeschichte des Potsdamer Storytausch-Wettbewerbs in fünf Teilen veröffentlicht. Diese ist nun der vorletzte Akt des Stückes „Die verlorenen Akten“ aus der Feder von Lea Wollersheim und Robert Rittinghaus vom Potsdamer Schiller-Gymnasium. In ihrer Geschichte erzählen die Autoren von Phillip und seiner Suche nach der Wahheit über seinen Großvater. Dieser war während der Zeit des Nationalsozialismus als Richter beschäftigt: Zusammen mit seiner neuen Klassenkameradin Lena hat Phillip aus dieser Zeit Unterlagen auf dem heimischen Dachboden gefunden. Zu allem Überfluß finden sie einer Art Erpresserliste – von seinem Großvater verurteilte Menschen haben ihrem Richter später noch Geld gezahlt? Phillip kommt eine Idee: Was ist, wenn „Opfer“ und „Täter“ unter einer Decke stecken?!
Phillip kroch durch den dunklen Garten an das hell erleuchtete Wohnzimmerfenster heran. Verenas Eltern saßen vor dem Fernseher. Überall das gleiche Bild, Kinder im Bett, Eltern vor der Glotze. Während er leise zur Vorderseite des Hauses schlich, sammelte er kleine Steinchen auf. Die Zimmer im ersten Stock waren dunkel. Er hatte keine Ahnung, in welchem der Zimmer Verena schlief, deshalb wollte er nacheinander alle Fenster mit Steinchen bewerfen. Er hoffte nur, daß ihr Zimmer nicht nach hinten raus lag, denn dort einen sicheren Wurf anzubringen, ohne vom Wohnzimmer aus gesehen zu werden, schien ihm fast unmöglich.
Er warf drei Steine gegen das erste Fenster, doch nichts passierte. Er fluchte leise und nahm sich das zweite Fenster vor. Er wollte sich schon resigniert in den hinteren Teil des Gartens begeben, als das Licht anging. Verena spähte mit zusammengekniffenen Augen nach draußen. Phillip ruderte mit den Armen, bis Verena schließlich das Fenster öffnete. „Was machst du denn hier?“ „Ich habe es herausgefunden. Ich weiß jetzt, was mein Opa gemacht hat“, flüsterte Phillip.„Komm zur Tür, ich schleich mich runter“, flüsterte Verena zurück und einen Moment später war sie vom Fenster verschwunden. Phillip wartete wie verabredet an der Haustür, doch als sie sich endlich öffnete, stand Verenas Vater vor ihm. „Sag mal, bei dir spinnen sie wohl. Hast du mal auf die Uhr geguckt?“ „Tut mir leid, aber ich muß ganz dringend mit Verena sprechen“, sagte Phillip und trat verlegen von einem Bein aufs andere. „Mußt du mal aufs Klo, daß du hier so rumzappelst?“ „Nein, aber es ist wirklich sehr wichtig.“
Doch Verenas Vater ließ sich nicht erweichen. Als er Phillip auch noch damit drohte seine Eltern anzurufen, gab Philipp auf und machte sich wieder auf den Weg nach Hause. Zurück in seinem Zimmer, erwartete ihn die nächste Überraschung. Seine Eltern hatten sein Verschwinden bemerkt und auf ihn gewartet. Sein Vater durchsuchte seinen Rucksack und fand den Aktenordner. „Wo wolltest du denn damit hin?“, fragte ihn seine Mutter. „Ich wollte mit Verena reden. Ich weiß, was Opa getan hat.“ „Verena hat das hier gesehen?“, fragte sein Vater und hielt Phillip den Aktenordner unter die Nase. „Wir haben schon die letzten zwei Tage darin herumgeblättert, aber wir wußten erst nicht was das alles sollte. Ich hätte euch ja gefragt, aber ihr habt immer nur abgeblockt, wenn es um Opa ging.“ „Hast du eine Ahnung was passiert, wenn das hier rauskommt?“, fragte sein Vater ernst. „Was soll schon passieren? Opa ist tot. Oder stimmt das etwa auch nicht? Lebt Opa etwa noch?“ „Nein“, sagte seine Mutter. „Opa ist tatsächlich tot. Aber hast du dir mal überlegt, wovon wir die ganze Zeit leben?“ „Was hat das denn mit Opas Verbrechen zu tun?“ „Deine Mutter ist seit zwei Jahren arbeitslos und ich sogar schon seit dreien. Hast du dich nie gefragt, wovon wir die ganzen Rechnungen und das Haus bezahlen?“ „Ihr habt gespart?“ „Nein, wir haben geerbt und zwar von Opa. Wenn das hier herauskommt, kannst du das schöne Leben vergessen. Vergiß das Haus, vergiß deine teuren Turnschuhe, vergiß dein Handy, vergiß Geburtstagsgeschenke. Wenn herauskommt, womit Opa sein Geld gemacht hat, müssen wir das Erbe zurückzahlen.“
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