Landeshauptstadt: Landtag oder Schloss?
Speer: Wenn Bedingungen für den Bau am Alten Markt nicht mehr stimmen, wird Kreml saniert
Stand:
Innenstadt - Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD) sitzt auf 4200 Seiten Papier, bereit zum Verschicken an die potenziellen Investoren für den Landtagsneubau. Doch er muss warten, denn die Potsdamer Stadtverordneten sind seinem Wunsch, den Bebauungsplan für den Landtag am Alten Markt ohne weitere Zeitverschiebung auszulegen, bislang nicht gefolgt. Dies ist jedoch eine Voraussetzung für Speer, das Wettbewerbsverfahren zum Bau des bis zu 85-Millionen-Euro teuren Projektes in der historischen Potsdamer Mitte zu starten.
Heute Abend treten die Stadtpolitiker zu der wohl entscheidenden Diskussion zu diesem Thema zusammen. Danach sollen wichtige Fragen, wie historischer Grundriss von Knobelsdorff ja oder nein, darf der Landtag höher sein als die Traufhöhe des Stadtschlosses oder nicht beziehungsweise sollen im Bebauungsplan Baulinien oder Baugrenzen dargestellt werden, beantwortet sein. Damit die Stadtverordnetenversammlung am 2. November beschließen kann und der ausgelegte B-Plan als Grundlage des Wettbewerbsverfahrens zwischen wahrscheinlich sechs Baukonsortien sein kann.
Weitere Abweichungen vom derzeit vorliegenden Entwurf würde Speer nicht gerne sehen. Sollte der Landtagsbau durch weitere Einschränkungen gefährdet werden, wolle er dem Landtag empfehlen, den Plan des Neubaus am Alten Markt ad acta zu legen und den Standort am Brauhausberg zu sanieren, sagte der Finanzminister kürzlich vor Journalisten. Dies sei nicht als Erpressung zu verstehen, sondern als Schlussfolgerung aus den dann gegebenen Rahmenbedingungen. Diese würden das Projekt gefährden, erklärte Speer in einem Beitrag für diese Zeitung.
Bislang scheiden sich die Geister vor allem an zwei Dingen: die Möglichkeit für das Land, von der historischen Bebauung abzurücken und theoretisch einen „Kasten“ errichten zu können. Sowie an der Höhe des Landtags, der nicht an der früheren Traufhöhe, sondern am Ende der einst darauf aufgebauten Attika möglich würde. Speer erklärte, er brauche jedoch die Höhe für die fünf Geschosse. Dies habe die Waechter-Studie gezeigt, die den historischen Grundriss als Maßstab nahm und bei fünf Geschossen für den Landtag den Innenhof zum Großteil offen gelassen hätte.
Im Bereich des früheren Schlossgrundrisses sind im nördlichen Bereich zum Alten Markt hin Baulinien eingezeichnet, auf denen der Originalzustand wieder hergestellt werden soll. Die ehemaligen Schlossseitenflügel und der nördliche Teil hin zum Lustgarten sind jedoch nur durch Baugrenzen im Bebauungsplan gekennzeichnet und lassen ein Einrücken der Fassade zu. Das geht beispielsweise der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu weit. Sie forderten zuletzt eine genauere Festlegung des Fassadenverlaufs, die Diskussion über die Höhe des Landtages sowie eine Korrektur bei der Planung der Tiefgarage.
Die Waechter-Studie sieht vor, dass die Einfahrtrampe in die Tiefgarage bereits auf dem Alten Markt beginnt. Nach Aussagen des Finanzministers habe die Denkmalschutzbehörde dagegen bereits protestiert. An welcher Stelle nun in die Tiefgarage eingefahren werden kann, müssten die Ergebnisse der Investoren und Baukonsortien zeigen.
Die 4200 Seiten Papier, von denen je 700 Seiten an sechs Teilnehmer des Verfahrens verschickt werden sollen, beinhalten auch die Beschlüsse der Stadtverordneten und des Landtages, den Landtag annähernd auf dem historischen Grundriss zu errichten. Die ersten Entwürfe sollen übrigens im Februar vorliegen. Der B-Plan wird jedoch – wenn überhaupt – erst später rechtskräftig. Jan Brunzlow
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: