Landeshauptstadt: Landtag: Stabil wie eine Burg – aber vernachlässigt
Fehlen einer Entscheidung über endgültigen Standort hat Grundsanierung Am Havelblick 8 verhindert
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Fehlen einer Entscheidung über endgültigen Standort hat Grundsanierung Am Havelblick 8 verhindert Von Günter Schenke „Die Besucher sehen das schöne Treppenhaus im Landtag, doch wenn man hinter die Fassade guckt, sieht es schlimm aus“. Das sagt nicht irgendwer, sondern ein Mann, der seit 1991 beruflich mit dem Bauzustand des Gebäudes auf dem Brauhausberg am Havelblick 8 befasst ist: Ulrich Lange. Der Referatsleiter hatte dem Präsidium am 20. Januar das Ergebnis einer Überprüfung der elektrischen Anlage vorgelegt. Alarmierendes Fazit: Die Betriebserlaubnis für die Elektroanlage des Landtages Brandenburg kann nur noch bis zum Juni 2004 erteilt werden. Von drohender Schließung des Landtages war in der Presse die Rede, doch zur Schließung wird es mit Sicherheit nicht kommen. Die Aufträge zur Sanierung der Elektrik werden mit einem Auftragsvolumen von 80000 Euro dieser Tage öffentlich ausgeschrieben. Bis dahin ist die Absicherung der maroden Leitungen, die zum Teil noch aus Aluminium bestehen oder mit Stoff ummantelt sind, von zehn auf sechs Ampere heruntergefahren. „Die Landesbauverwaltung geht sträflich mit der Immobilie um“, kritisiert Päsidiumsmitglied Anita Tack (PDS). Und: „Es muss wirklich jetzt etwas passieren.“ Es gebe bisher keine planmäßigen Instandsetzungen. Die Landtagsabgeordnete verweist auf die Heizkörper in ihrem Arbeitszimmer: „Die stammen noch von anno dunnemals und lassen sich kaum regulieren.“ Noch schlimmer ist es im Plenarsaal, der für die 88 Abgeordneten plus Zuschauer und Presse viel zu klein ist, und der außer einer altmodischen Entlüftungsanlage über keinerlei Klimatisierung verfügt. Dem Hausherren, Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD), ist es offenbar peinlich, dass diese Vernachlässigungen in der Öffentlichkeit bekannt werden. Einen von den PNN geäußerten Wunsch nach einem Blick hinter die Kulissen lässt er durch seinen Pressereferenten Jürgen Itzfeld abblocken. Knoblich selbst muss es sich gefallen lassen, am Ende seiner Amtszeit für einen Teil der Probleme verantwortlich gemacht zu werden. „Die Hauptschuld haben die regierungstragenden Fraktionen aus SPD und CDU“, meint Anita Tack. Diese hätten einen Vorschlag unterbreiten müssen, wie es mit der Immobilie weitergeht. Der Beschluss der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung für einen Landtagsneubau auf dem Alten Markt sei mit dem Landtag nicht abgestimmt, sagt Tack. Und die Landesregierung habe nicht einmal eine Kostenaufstellung möglicher Sanierungs- und Neubauvarianten, die als Entscheidungsgrundlage gelten könne, vorgelegt. Ulrich Lange gibt dem Präsidium zu Protokoll: „Die in den zurückliegenden Jahren auferlegte Zurückhaltung bei größeren Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen infolge des Fehlens einer Entscheidung zur dauerhaften Unterbringung des Landtages hat zu einer wesentlichen Überschreitung der Grenznutzungsdauer bei bestimmten Baugruppen und Bauteilen (Dach, Fassade, Fenster, Türen u.a.) und damit zu einer gravierenden allgemeinen Substanzverschlechterung geführt.“ Als Schlussfolgerung aus einem Gutachten und der zur Genüge bekannten Situation schreibt er den Abgeordneten ins Stammbuch: „Eine weitere zeitliche Verschiebung der dringend gebotenen Grundsanierung mit der Begründung der noch ausstehenden Standortentscheidung zur dauerhaften Unterbringung des Parlaments halte ich unter Abwägung der zeitlichen Rahmenbedingungen nicht mehr für vertretbar.“ Anita Tack verweist auf die feudale Sanierung der Regierungsbauten und die vorgesehenen Millionenbeträge für das „Regierungsviertel“ an der Tresckowstraße. Auf eine Anfrage von Tack nach dem Sanierungsaufwand für das Landtagsgebäude nennt die Ministerin für Finanzen Dagmar Ziegler (SPD) einen Betrag in Höhe von 19 Millionen Euro. Der Pferdefuß: In keinem Haushalt ist dieser Betrag enthalten.
Günter Schenke
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