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Probeflug. Der Fallschirm soll das Messgerät sicher zu Boden bringen.

©  M. Thomas

Landeshauptstadt: Landung im Hinterhof

Schüler des Urania-Astroklubs wollen einen Ballon starten. Gar nicht einfach

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Es riecht nach Heißkleber im Dachgeschoss der Urania, auf dem Flur vor dem Planetarium. Dicke Klebebandrollen, Maßband und Schere liegen auf dem Tisch, eine Landkarte von Südbrandenburg deckt Bastelkram und Styroporkrümel zu. „Der Fläming wäre ein idealer Startpunkt, so die Gegend um die Burg Rabenstein“, sagt Aaron und fährt mit dem Finger die Autobahn nach Süden entlang. Dort könnte der Wetterballon ungestört aufsteigen, ohne Gefahr zu laufen, bei leichtem Wind in die nächste Großstadt abgetrieben zu werden.

Der 14-Jährige, Mitglied im Astroklub vom Uraniaplanetarium, kann fast alles erklären. Beim neuesten Projekt kommt es besonders darauf an, genau zu planen. Nach den Herbstferien wollen die Schüler einen Wetterballon losschicken. Da muss alles klappen. Momentan sind die jungen Astronomen in der Bastel- und Experimentierphase. Es ist etwas Besonderes, was sich Klubleiter Simon Plate ausgedacht hat. Seit vier Jahren leitet der 26-jährige Student der Geoökologie den Klub, der sich jeden Montagabend im Urania-Planetarium in der Gutenbergstraße trifft. Einen Wetterballon in den Himmel zu schicken, das haben sie noch nie gemacht. Und es ist komplizierter als angenommen.

„Wir müssen sogar die Deutsche Flugsicherung um Starterlaubnis bitten“, sagt Plate. Zwei Wochen vorher muss er den Flug anmelden. Wenn es dann stürmt oder gewittert, haben sie Pech. „Ein bisschen Landregen schadet aber nicht“, sagt Plate. Voraussichtlicher Starttermin ist der 20. Oktober. „Wir hoffen auf einen goldenen Oktober“, sagt Plate. Wie das Wetter auf dem Weg nach oben ist, sollen Messgeräte aufzeichnen, die in einer Styropor-Schachtel am Ballon hängen, eine Kamera soll Bilder machen. 30 Kilometer hoch könnte der Ballon innerhalb weniger Stunden steigen. Von dort, sagt Plate, sieht die Atmosphäre aus wie eine dünne, blaue Schicht.

„30 Kilometer, das ist ein Drittel bis zur offiziellen Grenze zum Weltall.“ Aaron kennt sich aus. Den spektakulären Sprung des Felix Baumgartner aus fast 40 Kilometern vor einem Jahr hat er aber nicht gesehen. Das Fernsehen brauchen die Jungs und Mädchen nicht, sie sind auch so im Bilde. Der Heliumballon, sagt einer, wird sich durch den abnehmenden Luftdruck in der Höhe ausdehnen, von einem Durchmesser von zwei Metern auf etwa sechs, schätzen sie. Irgendwann, wenn der Innendruck zu groß wird, soll er platzen. Dann wird hoffentlich der kleine Fallschirm aufgehen und Schachtel, Kamera und Geräte sicher zur Erde sinken lassen.

Den Ballon, im Internet ersteigert aus alten Russenbeständen, können sie nicht ausprobieren. Aber den Fallschirm. Simon Plate hat ihn bei einem Online-Versand für Modellraketenbauer gekauft. Der kleine Fetzen roter Seide sieht unspektakulär aus, doch er wird eine ziemlich weite Reise hinlegen müssen. Und die Schwierigkeit besteht darin, die kleine Kiste sicher und ausbalanciert anzubinden, damit sich nichts verhakelt beim Öffnen und der Schirm schön senkrecht schwebt. „Wir sollten ein paar Probeflüge machen“, sagt Plate.

Und so wird der Innenhof der Urania im Holländischen Viertel zur Flugversuchsanstalt. Fallschirm und Kiste sollen aus dem dritten Stock zur Erde segeln. Am Fenster und im Hof stehen Beobachtungsposten mit Handykameras. Doch weil er zu dicht am Mauerwerk bleibt, eckt der Schirm an und das Unglück passiert: Der Fallschirm dreht ab und landet auf dem Dach des Vorderhauses.

Es dauert ein paar Minuten, bis Klubleiter Plate mit einem Stock den Schirm wieder vom Dach geangelt hat. Zwei kleine Löcher in der Fallschirmseide müssen anschließend geflickt werden. Dann ein zweiter Versuch, der schließlich gelingt. Am geplanten Flugtag muss dann nur noch der GPS-Sender in der Kiste funktionieren, damit sie alles auch wiederfinden. Steffi Pyanoe

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