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Homepage: Landwirtschaft vor der Neuerfindung Forschungsprojekt zu Biokraftstoffen gestartet

Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) gehen der Frage nach, ob Biokraftstoffe als sozialer Treibstoff einer nachhaltigen Entwicklung dienen können. Ein Symposium leitete nun das vierjährige Projekt ein.

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Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) gehen der Frage nach, ob Biokraftstoffe als sozialer Treibstoff einer nachhaltigen Entwicklung dienen können. Ein Symposium leitete nun das vierjährige Projekt ein. Die Produktion von Biokraftstoffen soll nicht nur ökologischen Treibstoff liefern, sondern auch das soziale Wohl der Menschen fördern. Dazu arbeiten die Forscher zusammen mit der Politik an Zertifizierungsverfahren für den ökologisch, ökonomisch und sozial korrekten Anbau von kraftstoffkompatiblen Pflanzen.

„Pflanzen für Energie und Treibstoff dürfen nicht die Nahrungsmittelproduktion verdrängen“, fordert die Projektleiterin Kirsten Selbmann. Das gelte jedenfalls für Brasilien. Das mit 1,8 Millionen Euro geförderte Projekt untersucht die Veränderungen in der Landwirtschaft in Deutschland und in Brasilien. Seitdem immer deutlicher wird, dass Benzin und Erdgas aus begrenzten Rohstoffen gewonnen werden, sucht die Industrie nach Alternativen. Diese findet sie in Pflanzen wie Raps, Weizen und Roggen oder Zuckerrohr, aus denen Bioethanol beziehungsweise Biodiesel gewonnen werden. Von vier Millionen Tonnen insgesamt in Deutschland produziertem Biodiesel wird eine halbe Million in Brandenburg raffiniert.

Die Produktion und die Nachfrage nach Biokraftstoffen sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Klein- und Großbauern investieren verstärkt in den Anbau entsprechender Pflanzen. „Die Bauern in Brandenburg sind dabei ganz pragmatisch“, so Selbmann. Wenn sich mit Raps und Weizen ein höherer Gewinn erzielen lässt als mit Gerste und Kartoffeln, so richten die Landwirte ihre Produktion entsprechend aus. In der ostdeutschen Region wirkt sich dies auf den Wasserhaushalt möglicherweise negativ, auf das Sozialprodukt der Landwirte jedoch positiv aus. Größere Veränderungen der bäuerlichen Strukturen hätten sich bis jetzt zwar noch nicht gezeigt. „Die europäische Landwirtschaft steht aber vor einer Neuerfindung“, schätzt Hermann Lotze-Campen vom PIK. Statt über Flächenstilllegungen würde bei einer steigenden Nachfrage nach Biokraftstoffen möglicherweise bald über eine Ausweitung der Anbauflächen nachgedacht.

In der Region Ribeirao Preto in Brasilien verändert sich durch die Zuckerproduktion bereits jetzt die bisher bestehende Landwirtschaft. Befördert durch das nationale Biodieselprogramm (PNPB) ist die Ethanolproduktion im Bundesstaat Sao Paulo auf mittlerweile 12,8 Millionen Tonnen gestiegen. Die Gesamtproduktion lag in Brasilien bei 21 Millionen Tonnen. Vergleichbar ist die Region Ribeirao Preto mit Brandenburg wegen des verstärkten Anbaus von Pflanzen für die Kraftstoffproduktion, aber auch wegen der Nähe zur Metropole Sao Paulo. Je profitträchtiger der Anbau ist, desto näher liege es, arbeitsrechtliche Standards zu vernachlässigen, erklärt Selbmann.

Steigende Nahrungsmittelpreise könnten zu einem Problem werden in einem Land, dessen Wirtschaft stärker in der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion verhaftet ist. Deshalb sollte eine soziale Zertifizierung für die Kleinbauern entwickeln werden. „Wie entsprechende Verfahren aussehen können ist noch reine Spekulation“, so Selbmann. Zunächst einmal müsste vor Ort geschaut werden, welche Möglichkeiten es überhaupt geben würde, längerfristig auf die Kleinbauern einzuwirken. Daher wird die Projektgruppe Anfang 2010 nach Südamerika reisen. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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