Von Peter Stracke: Lange Abstürze
DDR-Fußballgiganten verschwanden in Versenkung
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Leipzig – Kurze Zwischenhochs und lange Abstürze, Insolvenzen und Skandale: 20 Jahre nach dem Mauerfall bleiben die besten Fußball-Adressen der ehemaligen DDR weitgehend in der Versenkung verschwunden. Der einzige DDR- Europapokalsieger 1. FC Magdeburg (1974) kämpft um den Drittliga-Aufstieg, dort sind die Renommiervereine Dynamo Dresden und Carl Zeiss Jena trotz großer Ambitionen nur Abstiegs-Kandidaten. Der Serienmeister der 80er Jahre, der BFC Dynamo, kickt fünftklassig, und mit Union Berlin ist ausgerechnet ein Zweitliga-Klub das aktuelle Ost-Aushängeschild, der 1989 aus der DDR-Oberliga abgestiegen war.
„Wir haben die damals beschlossene 2+6-Regel als Bestrafung für den Fußball-Osten angesehen. Im Nachhinein betrachtet war sie leistungsgerecht“, sagt Eduard Geyer, der 1989 und 1990 Dynamo Dresden zum DDR-Meistertitel führte und zugleich als Auswahltrainer das DDR-Team „abwickelte“ (letztes Match am 12. September 1990 in Brüssel durch zwei Tore von Matthias Sammer 2:0 gegen Belgien gewonnen). Mit Hilfe der 2+6-Regel wurden die DDR-Topvereine 1991 in die Bundesligen integriert. Zwei – Dynamo Dresden und der letzte DDR-Meister Hansa Rostock – in die Bundesliga, sechs weitere – Rot-Weiß Erfurt, Hallescher FC, Chemnitzer FC, Carl Zeiss Jena, 1. FC Lok Leipzig und Stahl Brandenburg – wurden zweitklassig.
Wenigstens die Leipziger nutzten das zu einem kurzen Zwischenhoch, spielten als VfB Leipzig 1993/94 eine Saison erstklassig und wurden 2004 nach der zweiten Insolvenz aufgelöst. Der damals neu gegründete 1. FC Lok hat es inzwischen immerhin bereits wieder in Liga 5 geschafft, wo er wie in früheren Oberliga-Zeiten auf Ortsrivalen FC Sachsen (als Chemie Leipzig 1951 und 1964 DDR-Meister und auch schon zweimal insolvent) und FSV Zwickau trifft. Die Zwickauer standen 1995/96 knapp vor dem Bundesliga-Aufstieg, wurden Zweitliga-Fünfter und stürzten danach ab. Chemnitz und Halle berappelten sich in der jüngsten Vergangenheit wenigstens wieder zu vorzeigbaren Viertligisten.
Dagegen verschwand das in den letzten DDR-Jahren mit Hilfe des späteren 21-maligen deutschen Nationalspielers Steffen Freund und des Torjägers Roy Präger (für Wolfsburg und den HSV 173-mal in der Bundesliga) zur Topmannschaft aufgestiegene Stahl Brandenburg in der Verbandsliga. Dort tummeln sich in der Sechstklassigkeit mit dem Frankfurter FC Viktoria (ehemals Armeesportklub Vorwärts Frankfurt/Oder) und Brieske-Senftenberg weitere ehemalige DDR-Oberligisten. Aktueller Tabellenführer ist dort der Eisenhüttenstädter FC Stahl. Der hatte seinen größten Auftritt im Jahr der Wiedervereinigung. In der Zweitliga-Relegation an Lok Leipzig gescheitert, durfte Drittligist „Hütte“ als damals mit 0:1 gegen Hansa Rostock unterlegener DDR-Pokalfinalist im Europacup gegen Galatasaray Istanbul spielen (1:2 und 0:3).
Peter Stracke
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