
© Andreas Klaer
Pförtnerampeln: Länger Rot als Grün
Ab dem kommenden Dienstag soll die neue umweltorientierte Verkehrssteuerung in Potsdam ihren Dauerdienst beginnen.
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Potsdam - Auf wichtigen Einfallstraßen könnten Autofahrer von den sogenannten Pförtnerampeln ausgebremst werden. Der Testbetrieb im Straßenzug Behlertstraße/Humboldtbrücke verringerte bereits die Schadstoffbelastung der Luft, so Thomas Jasper von der Verkehrszentrale der Stadt.
Seit Ende Februar wird hier gepförtnert. Die Auswertung sei zwar nicht repräsentativ, aber es gebe schon positive Auswirkungen. Die Messdaten hätten seltener die Grenzwerte erreicht. „Das Stauende auf der Nuthestraße war maximal an der Ausfahrt Zentrum-Ost“, so Jasper. Die Fahrtzeit soll sich dadurch allerdings nicht verlängern, weil es stadteinwärts nach der Kreuzung Berliner Straße flotter vorwärts geht. Eine weitere Erfahrung sei, dass die Pförtnerampel nur stundenweise eingesetzt werden müsse. „In den Stoßzeiten sind die Grünphasen dann nur halb so lang“, sagte Jasper. Das System starte, sobald die Luftbelastung in die Nähe des Grenzwertes komme. „Wenn die Entlastung eintritt, wird die Grünphase wieder verlängert“, so Jasper.
Die anderen Startpunkte des Pförtnerampelsystems sind die Kreuzungen Zeppelinstraße/Forststraße, Brauhausberg/Michendorfer Chaussee und Heinrich-Mann-Allee/Friedhofsgasse. Von dort aus sind in Richtung Innenstadt 30 Ampeln und 50 Messstationen vernetzt. Eine „Grüne Welle“ soll den Verkehr abfließen lassen. Das gesamte System einschließlich der Verkehrszentrale wurde für 2,3 Millionen Euro aus Landesmitteln installiert. Seit einigen Tagen werden die Autofahrer auf den Info-Schildern an den großen Einfallstraßen auf die neuen Pförtnerampeln eingestimmt. Künftig solle hier auch zu lesen sein, wenn die Schadstoffbelastung hoch ist, so Jasper.
Die umweltorientierte Verkehrssteuerung ist Teil des Verkehrskonzepts der Stadt und soll dazu beitragen, die Schadstoffbelastung der Potsdamer Luft zu verringern. Und die ist hoch. Dabei geht es vor allem um Feinstaub und Stickstoffdioxid. Beim Feinstaub wurde im vergangenen Jahr der Grenzwert in der Zeppelinstraße an 55 Tagen überschritten – erlaubt sind 35 Überschreitungen pro Jahr. Beim Stickstoffdioxid wurde der festgelegte Stundenmittelwert nur knapp unterschritten. Dafür lag aber der Jahresdurchschnitt in der Großbeeren- und der Zeppelinstraße über dem erlaubten Grenzwert.
Die Kommunen sind gesetzlich verpflichtet, etwas gegen die Schadstoffbelastung zu unternehmen, wenn regelmäßig Grenzwerte überschritten werden. Viele Städte in Deutschland gehen dabei andere Wege als Potsdam: Eine Liste des Umweltbundesamtes führt die Namen von 54 großen und kleineren Städten auf, die seit 2008 zu diesem Zweck eine Umweltzone eingerichtet haben. Nur noch Fahrzeuge einer bestimmten Schadstoffklasse dürfen in die Städte hineinfahren. Die Aussperrung sorgt oft für Unmut bei Gewerbetreibenden und Besitzern älterer Autos. Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung von Tempo 30 auf viel befahrenen Hauptstraßen gewesen. Doch diese Idee hatte Verkehrsdezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) im Januar bei der Vorstellung des Verkehrskonzepts verworfen. Die Fraktion Die Andere hat das Thema allerdings jüngst wieder in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Nun beschäftigen sich der Umwelt- und der Bauausschuss damit.
Die Stadtverwaltung und das Landesumweltamt gehen im Entwurf des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt jedoch davon aus, dass die Potsdamer Luft durch die Verkehrssteuerung tatsächlich sauberer wird. Auch der ADAC Berlin-Brandenburg sieht die Pförtnerampeln entgegen anfänglicher Bedenken inzwischen positiver. „Es gab Gespräche mit der Stadt“, so Jörg Becker vom ADAC. Man müsse die Leistungen der Pförtnerampeln auswerten und gegebenenfalls nachbessern. Langfristig müssten der öffentliche Nahverkehr und das Angebot an Park-and-Ride-Plätzen verbessert werden. Wichtig sei, dass die Innenstadt gut erreichbar sei, so Becker.
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