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Sport: Langer Weg in die Sporteinheit

Dopingproblematik noch lange nicht geklärt / Konferenz an Uni Potsdam

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Tagungen zum Thema „15 Jahre deutsche Sporteinheit“ haben derzeit Hochkonjunktur. Nun fand am Wochenende in Berlin und Potsdam eine von der Universität Potsdam in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung, dem NOK, dem DSB sowie der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur veranstaltete Erinnerungskonferenz statt, die die Organisatoren selbst als Höhepunkt apostrophierten.

Der Titel klang verheißungsvoll: „Große Hoffnungen, verspielte Chancen? Der lange Weg in die Sporteinheit“. Und auch die Beteiligen versprachen interessante Rück- und Einblicke in ein besonderes Kapitel Sporthistorie und auch in die aktuelle Sportpolitik in der Bundesrepublik. Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Wissenschaft und Medien diskutierten über verpasste Möglichkeiten, verwirklichte Ziele und zukünftige Aufgaben.

Das Programm hatte – so Prof. Hans-Joachim Teichler vom Institut für Sportwissenschaft der Uni Potsdam – die „Sporteinheit vor 15 Jahren“ zum Schwerpunkt, aber andere Fragen liefen diesem zentralen Punkt mitunter den Rang ab. Die Dopingproblematik scheint noch lange nicht so aufgearbeitet, dass sie als erledigt betrachtet werden kann. Gleich mehrfach besetzte das Thema die Pole Position und sorgte sogar für emotionale Turbulenzen. Ines Geipel, frühere Leichtathletin, sagte mit Bezug auf die jüngsten Äußerungen von NOK-Rechtsanwalt Günter Paul, die von Dopingopfern als „Rufmord“ empfunden worden waren, ihr gehe angesichts solcher Äußerungen langsam die Sprache aus.

Der Grünen-Abgeordnete Winfried Herrmann, sportpolitischer Sprecher seiner Fraktion, übte scharfe Kritik am NOK und den Führungsspitzen des deutschen Sports. „Es hat bisher flächendeckend Scheuklappen gegeben, eine flächendeckende Verdrängung.“ Das NOK, das 5,6 Millionen Mark aus dem Vermögen des DDR-NOK übernommen habe, sei in der moralischen Pflicht gegenüber den Dopingopfern. Dass der Bundestag einen Fonds von zwei Millionen Euro aufgelegt habe, sei eine humanitäre Geste gewesen, es habe aber nichts mit wirklicher Entschädigung zu tun. Die wiederum setze „wissenschaftliche, systematische Aufarbeitung“ voraus. Das müsse mit Aufwand, mit Sachverstand und im großen Umfang betrieben werden. „Damit man endlich mal runterkommt von der fatalen Einzelfallbetrachtung, die nichts bewirkt.“ Man müsse kritisch reflektieren, „was haben wir gemacht, was nicht“. Das Resümee werde eindeutig auch „verpasste Möglichkeiten“ ergeben. „Ich hätte es für gut befunden, wenn man sich damals ein Jahr Zeit gelassen, das Positive von da und dort genommen und dann eine neue Bundesrepublik – quasi auf höherer Ebene – gegründet hätte.“

Die Antwort der Pragmatiker aus der Politik auf dem Podium der Tagung war simpel: Der Druck der Verhältnisse habe nichts anderes erlaubt. „Die Leute hätten uns niemals diese Zeit gelassen“, sagt Wilhelm Schmidt, bis 2005 parlamentarischer Geschäftsführer der SPD im Bundestag. Alles in allen boten die „Erinnerungen“ und die Diskussionen auch ohne den Anspruch oder die Aussicht, die Geschichte „neu zu erfinden“, Aufschlussreiches und vor allem auch auf die Zukunft Gerichtetes.

Für einen unfreiwilligen Lacher sorgte allerdings Cordula Schubert, 1990 die einzige Sportministerin der DDR-Geschichte, mit einem forschen Satz mit Doppelsinn: „Wir waren angetreten, die DDR umzukrempeln. Und das ist uns, glaube ich, ganz gut gelungen.“ Auch Turbine-Trainer Bernd Schröder wusste was Amüsantes von einer Begegnung mit seinem Namensvetter und Noch-Kanzler Gerhard zu berichten. Mit dem habe er sich ganz gut verstanden, ihm aber am Ende auch sagen müssen: „Ich habe zurzeit die bessere Mannschaft.“

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