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Landeshauptstadt: Langzeitarbeitslosigkeit auflösen Hochhaus-Platte saniert

Für die Umsetzung von Hartz IV sind Information, Aufklärung und Unterstützung notwendig „Karl Marx“ ist am Schilfhof 18 fast fertig

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Für die Umsetzung von Hartz IV sind Information, Aufklärung und Unterstützung notwendig „Karl Marx“ ist am Schilfhof 18 fast fertig Von Andrea Wicklein In diesen Tagen erhalten etwa 4000 Potsdamer Arbeitslosenhilfeempfänger die Antragsformulare für das neue Arbeitslosengeld II. Information, Aufklärung und Unterstützung sind jetzt notwendig, handelt es sich doch um die wohl größte Arbeitsmarktreform in der Geschichte Deutschlands. Schließlich kommt es immer wieder zu Fehlinformationen oder Halbwahrheiten. Mit der Folge, dass viele Betroffene verunsichert sind oder ihnen die Orientierung über das Beschlossene verloren geht – und das ist schädlich für unser demokratisches Gemeinwesen. Die SPD als Regierungspartei steht in der Verantwortung, deutlich zu machen, warum die Reformen auf dem Arbeitsmarkt notwendig sind, welche Ziele wir mit ihr verbinden und worin die Unterschiede zur Union liegen. Die Reformen auf dem Arbeitsmarkt sind kein Selbstzweck. Als Brandenburger Bundestagsabgeordnete der SPD, die mit beiden Beinen fest in ihrem Wahlkreis verwurzelt ist und selbst Arbeitslosigkeit erleben musste, kenne ich die Ängste und Nöte der Menschen sehr gut, die vergeblich auf Arbeitssuche sind. Diese Biografien machen betroffen. Für die Sozialdemokratie und für mich persönlich ist es deshalb die größte soziale Ungerechtigkeit, Menschen von der Arbeitswelt und damit der eigenen Existenzsicherung abzukoppeln, ihnen die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu versagen. Ziel von Hartz IV ist an erster Stelle, die seit Jahren verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit Schritt für Schritt auflösen. Uns geht es darum, Arbeitslose besser und schneller zu vermitteln und zusätzliche Beschäftigungsangebote zu unterbreiten. Das bisherige System war oft ungerecht und überholt. Nur ein Beispiel: Arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger waren von der Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit und damit vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Dies wird sich ändern und gerade arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger werden von Hartz IV profitieren. Für die SPD war klar: Das Nebeneinander zweier voneinander getrennter Leistungen für Langzeitarbeitslose – Arbeitslosenhilfe auf der einen und Sozialhilfe auf der anderen Seite – die beide vom Steuerzahler finanziert werden, macht keinen Sinn. Allein im vergangenen Jahr wurden 16,5 Milliarden Euro für Arbeitslosenhilfe aus dem Bundeshaushalt und 9,5 Milliarden Euro für Sozialhilfe durch die Kommunen ausgegeben, ohne dass die Hilfebedürftigkeit der Betroffenen überwunden werden konnte. Auch die Höhe der beiden Leistungen war sehr unterschiedlich. Deshalb verfolgen wir das Ziel, alle arbeitsfähigen Hilfebedürftigen aus einer Hand, in den so genannten Jobcentern, zu betreuen. Werden jetzt bis zu 800 Arbeitssuchende durch einen Arbeitsvermittler betreut, werden es zukünftig 75 sein. Mit dem Arbeitslosengeld II erhalten Langzeitarbeitslose eine bedarfsgerechte Grundsicherung, deren Höhe in Abhängigkeit vom Einkommen der anderen Haushaltsmitglieder berechnet wird. Hinzu kommen Leistungen und Zuschläge für Unterkunft und Heizung, bei Geburt und Schwangerschaft, für Kinderbetreuung, für allein erziehende Eltern, für Menschen mit Behinderungen, für Bekleidung sowie die Wohnungserstausstattung. Leistungen erhalten aber auch die mit ihm lebenden Hilfebedürftigen, das sind vor allem Kinder. Für die soziale Sicherung der Hilfebedürftigen werden die Beiträge für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung übernommen, für die Bezieher von Sozialgeld die Kranken- und Pflegeversicherung. Damit sind die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger ab 2005 übrigens erstmals rentenversichert. Aufklärung und Beratung ist vor allem beim Thema Vermögen und Altersvorsorge wichtig. Oft wissen die Bürger nicht, dass staatlich geförderte Altersvorsorge aus Riester-Verträgen oder aus Betriebsrenten nicht angetastet wird. Außerdem erhält jeder Hilfebedürftige und sein Partner einen Grundfreibetrag von 200 Euro je Lebensjahr bis maximal jeweils 13 000 Euro. Auch selbst genutztes Wohneigentum oder ein selbst genutztes Kraftfahrzeug werden nicht als Vermögen berücksichtigt. Und anders als es die Union vorgesehen hatte, bekommen frühere Arbeitslosenhilfeempfänger einen Zuschlag von 160 Euro im ersten und 80 Euro im zweiten Jahr des Bezugs von Arbeitslosengeld II. Um einkommensschwache Familien zusätzlich zu unterstützen, haben wir den Kinderzuschlag eingeführt. Er beträgt maximal 140 Euro pro Kind und wird für längstens drei Jahre gezahlt. Und schließlich haben erwerbsfähige Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr ab 2005 einen Rechtsanspruch auf Ausbildung, Arbeit, Beschäftigung oder Qualifizierung. Dafür stellt die Bundesregierung im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Allein in Brandenburg sind derzeit mehr als 27 000 Jugendliche in diesem Alter auf Arbeitssuche. Es war immer klar, dass Hartz IV nicht die immensen Probleme auf dem Arbeitsmarkt lösen kann, insbesondere in Ostdeutschland. Dafür müssen neue Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen entstehen. Deshalb habe ich Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck in seiner Forderung unterstützt, öffentlich geförderte Beschäftigung in den strukturschwachen Regionen weiter ausreichend anzubieten. Positive Beispiele in den Regionen von Beschäftigungsgesellschaften oder bereits laufenden Aktivitäten „Arbeit statt Sozialhilfe“ und die Verbindung von ABM sowie der Schaffung von Infrastruktur müssen fortgeführt werden. Aufgrund der besonderen Situation in Ostdeutschland wurden den neuen Bundesländern bereits im Vermittlungsverfahren 800 Millionen Euro zusätzlich zugesagt. Auch für Investitionen stellt der Bund 600 Millionen Euro für die ostdeutschen Länder zur Verfügung. Hinzu kommen 6,35 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2005 für die Förderung von Beschäftigung. Das sind 27 Prozent mehr als in diesem Jahr. Dies kommt den Menschen in den neuen Ländern zugute, denn davon sollen in Zukunft Regionen mit mehr als 15 Prozent Arbeitslosigkeit profitieren. Geld für eine bessere Betreuung, Vermittlung und Förderung von Beschäftigung ist da und es lohnt sich, diese Chancen umfassend zu nutzen. Insbesondere bei der Schaffung von Arbeitsangeboten für Langzeitangebote können Instrumente wie ABM, Lohnkostenzuschüsse sowie Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote genutzt werden. Jetzt kommt es darauf an, in Brandenburg die Bildung von Arbeitsgemeinschaften zwischen der Agentur für Arbeit und den Kommunen gut vorzubereiten, damit Hartz IV pünktlich ab 2005 greifen kann. Im Vergleich zu vielen anderen Städten und Landkreisen in Deutschland ist Potsdam da übrigens schon sehr weit. Unsere Autorin Andrea Wicklein ist Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete. Bürgerbüro Andrea Wicklein, Friedrich-Ebert-Str. 61, Tel.: (0331) 280 00 74. Am Schlaatz – Mit einem Logo „50 Jahre“ macht die größte Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft, die sich nach wie vor „Karl Marx“ nennt, auf sich aufmerksam. So auch auf dem Bauschild vor dem Hochhaus am Schilfhof 18. Das Gebäude ist das letzte Hochhaus, mit dessen Sanierung die Genossenschaft im März dieses Jahres begann und die jetzt fast vollständig abgeschlossen ist. 93 Wohnungen gibt es in dem Gebäude, 63 davon standen leer, bevor der Umbau begann. Wie Klaus Bergemann, Technischer Vorstand des Unternehmens, erläutert, konnte die Modernisierung wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse zunächst nicht in Angriff genommen werden. Und bis heute gehören der „Karl Marx“ sieben Zehntel des Bodens nicht, steht sie nicht im Grundbuch. Das Hochhaus steht nämlich auf „Bodenreformland“ und ist in der Treuhand der Brandenburgischen Boden Gesellschaft. Die Verhandlungen mit dieser haben aber inzwischen ein Stadium erreicht, dass die Genossenschaft von der Bank als kreditwürdig gilt. Mit einer gewissen Genugtuung erwähnt Vorstandsvorsitzender Ulf Hahn, dass das Unternehmen bei Modernisierungen nicht vollständig auf Kredite angewiesen ist, dreißig bis fünfzig Prozent werden selbst finanziert. Um künftig auf dem Wohnungsmarkt bestehen zu können, bedarf es der „Wohnungsanpassung“, sagt Bergemann. Daher könne die Genossenschaft von Glück reden, dass sie die Modernisierung relativ vorsichtig umgesetzt habe. Zurzeit sind sechzig Prozent des Bestandes saniert und bei dem Rest lege die Wohnungsbaugenossenschaft Wert darauf, dass die Wohnungen dem aktuellen und künftigen Bedarf entsprechen. Das betrifft das Angebot von Wohnraum für Familien ebenso wie dem für ältere Menschen. Zum Beispiel gibt es einen großen Bedarf an Zweizimmerwohnungen, der aus dem Bestand nicht befriedigt werden kann. Im Hochhaus am Schilfhof sind daher aus je einer Einzimmer- und einer Dreizimmerwohnung zwei Zweiraumwohnungen gemacht worden. Spektakuläre Auswirkungen der Hartz-IV-Gesetze fürchtet Hahn nicht. Er hält es für übertrieben, wenn prophezeit werde, die neuen Sozialgesetze würden eine Umzugswelle in Gang setzen. Weniger als zehn Prozent der 6634 Wohnungen würden für Empfänger von Arbeitslosengeld II von der Kommune bezahlt. Es sei nicht zu erwarten, dass mit einem Schlage alle Menschen, die eine nach Gesetzgebung zu große Wohnung haben, umziehen müssten. Hahn verweist auf die Beratung in der Genossenschaft, die eigens einen Sozialarbeiter für diese Probleme beschäftige. Gestern lud die „Karl Marx“ zur Rundfahrt zu den Stationen ihres Wirkens in der Stadt ein. Die Fahrt endete in der Karl-Gruhl-Straße 16, dem ersten Haus, das Genossenschafter gebaut hatten. Es enthält heute Eigentumswohnungen – gekauft von einstigen Mitgliedern. G.S.

Andrea Wicklein

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