PYAnissimo: Lass es laufen
Manchmal wünsche ich mir Potsdam in die Wüste. Das viele Wasser überall macht uns fertig.
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Manchmal wünsche ich mir Potsdam in die Wüste. Das viele Wasser überall macht uns fertig. Entweder ist es da und man kommt nicht ran, weil die Zuwegung problematisch ist. Oder weil es hinter der Stadtmauer gurgelt. Oder es ist überfüllt, Boote, Schwimmer und Angler kommen sich ins Gehege. Manchmal scheint auch alles perfekt, Wasser da, wo es sein soll, die richtigen Leute auch, aber dann versauen die wieder alles, wollen da drin schwimmen und am Ufer rumliegen und machen den Rasen platt, unglaublich. Dann wieder ist das Wasser irgendwo im Weg und man kommt nicht drüber. Oder nur sehr langsam, man denke an die beiden Brücken. Und die Fähre nach Hermannswerder ist noch bis März außer Betrieb.
Nun ist das Wasser auch noch da, wo man es nicht haben will. Nämlich in einer Baugrube einen Steinwurf entfernt vom Wasserwerk. Dass sich das Zeugs bisweilen recht komische Orte sucht, wo es auftaucht, wissen wir, seitdem der Bolzplatz Nowawiese zum Kneippwasserbecken mutierte. Aber dort sind nur ein paar Hundert Kinder betroffen, die eben mal ein paar Monate aufs Training verzichten müssen.
Jetzt indes ist Holland richtig in Not, Tausende Haushalte sind in Gefahr! Eine fette Pfütze in der Speicherstadt, also im Wasserschutzgebiet, bringt das ganze Gleichgewicht durcheinander. Was ist oben, was ist unten? Sauber? Dreckig? Was ist, wenn Fifi hier pinkelt, sickert das jetzt runter und taucht dann im Wasserhahn wieder auf? Oder die Öllache einer alten Schrottkiste? Es könnte auch eine Ratte in der Grube ersaufen. Vielleicht reicht auch Vogelkacke oder irgendeine Baustellenchemikalie? Man weiß es nicht. Deshalb war vor Jahren auch das Umweltministerium gegen die Idee, hier einen Uferweg durchzuschlängeln. Dann würden ja Spaziergänger unkontrolliert durch die Schutzzone trampeln. Tja, und jetzt ist es passiert, siehste, Kind ist in den Brunnen gefallen, jemand hat gebuddelt und dann alles stehen und liegen gelassen. Das bringt man in der Regel schon seinen Kindern bei, dass das so nicht geht!
Was tun? Zuschütten, Auspumpen? Sandsäcke? Eimerchen? Gummistiefel, Schwimmflügel und Wasserfilter kaufen und nur noch Bier und Glühwein trinken? Vor allem aufpassen, dass die fertige Speicherstadt samt Berg und „blu“ nicht ins Rutschen gerät. So wie schon in der Bauphase, Sie erinnern sich, fast wäre damals ein Bus in einer Gletscherspalte am Hang verschwunden.
Die Verantwortlichen sind schon mal vorsichtshalber abgetaucht, kann man ja verstehen, hier sind Naturgewalten im Spiel, da kann doch keiner was für. Das wusste schon die Band Keimzeit. „So“ heißt einer ihrer Songs: „Lass es laufen den Berg hinunter. Lass es laufen durch’s Tal. Gott hat dem Fluss diesen Weg gegeben, sicher tut er’s nicht noch mal. Bitte lass ihn ungestört. Das Wasser weiß selbst, wo es hingehört ...“ Das Album hieß übrigens „Irrenhaus“. So kann’s gehen.
Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg
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