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Landeshauptstadt: Lauschangriff vom Radio-Mann

Andreas Dorfmann, einst Kult-Radiomoderator beim SFB und Rias, hat seinen Arbeitsplatz nach Potsdam verlegt

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Das Café Heider ist sein Lieblingsplatz. „Das hab ich gleich nach der Wende entdeckt“, sagt Andreas Dorfmann. Hier sitzt er gern und beobachtet die Menschen, Potsdamer, die hier kurz innehalten, Touristen, Promis. Wer weiß, möglicherweise ist etwas dabei, das er für seine Arbeit als Journalist aufgreifen kann. „Ich mag es, den Leuten zuzuhören, in der Tram zum Beispiel. So finde ich meine Geschichten“, sagt der Moderator und Medienunternehmer – und Neu-Potsdamer. Die Landeshauptstadt an der Havel wird den Ex-Berliner künftig inspirieren, ihm Themen für seine Reportagen liefern, sei es aus der Welt der Potsdamer Promis oder der Beelitzer Spargelbauern.

Dass er schon seit mehr als 30 Jahren im Geschäft ist und seine Popularität hinter der Berliner Mauer damals fast größer war als auf der West-Seite, das spürte er, als er im Januar beim Potsdamer Bürgerservice seinen Hauptwohnsitz anmelden wollte. „Sind Sie der Dorfmann vom Rias?“ wurde er gefragt. „Die kannten mich hier schon“, sagt er. Immerhin – er habe trotzdem einen der schönen Welcome-Beutel für Neubürger bekommen.

So neu ist die Stadt gar nicht für den heute 51-Jährigen. Als der Grenzübergang auf der Glienicker Brücke im November 1989 geöffnet wurde, war er bei den ersten Berlinern dabei, die aus Wannsee über die Brücke gingen. Beim Laufen durch die Straßen fiel ihm auf: „Überall schallte Rias 2.“ Beim „Radio im amerikanischen Sektor“ moderierte Dorfmann damals mehrere Musiksendungen und war für viele der Radio-Mann schlechthin, der die Freiheit beziehungsweise die Sehnsucht danach mit der Musik verkörperte – bis in den Osten hinein. „Wir ahnten damals nicht, wie viele Hörer wir dort hatten, wie wichtig wir denen waren“, sagt er heute.

Seit Kurzem wohnt er nun selbst in Potsdam, hat sich in der Berliner Vorstadt eingenistet. „Babelsberg, die Medienstadt, das wäre mir lieber gewesen, aber da war nichts zu finden“, sagt er. Von hier aus leitet er seine eigene Produktionsfirma. „Die Redaktion/As Media Film & Television“ beliefert unter anderem RTL mit Beiträgen „von Sex bis Crime“, mal populär-unterhaltsam präsentiert, mal etwas nachhaltiger unterfüttert. „Ich werde der zweite Jauch“, sagt Dorfmann herausfordernd.

Jetzt kommt ein weiteres Format hinzu. In „Dorfmanns Promi-News“ tritt der einstige Radio-Mann verstärkt als TV-Reporter auf und wird hin und wieder auch selbst vor der Kamera zu sehen sein. Seit Mai sind diese Beiträge in den gängigen TV-Mittagsmagazinen und Infotainmentsendungen der Privaten zu sehen. Dann geht es rund acht Minuten lang um verliebte Schauspieler, Kinder-Erziehungsprobleme oder Models auf Umschulung – immer irgendwie mit Potsdam im Fokus.

Dabei war das Radio stets sein Lieblingsmedium, sagt Andreas Dorfmann. Und zitiert mit einem flüchtigen Grinsen den Spruch: „Radio geht ins Herz, Fernsehen ins Auge.“ Beim Radio komme es vor allem auf die Stimme an, beim Fernsehen achten die Leute auf jeden Augenaufschlag – und die Krawatte.

Seine Medien-Karriere begann mit einem Praktikum beim SFB, damals machte er mit 17 Jahren Kinderfunk. Er versuchte sich bei Printmedien und wäre gern zum Fernsehen gegangen. „Aber das Radio ergab sich einfach.“ Bereits 1981, er war gerade mal 19 Jahre alt, bekam Dorfmann seine eigene Show, Hits für Fans. „Speziell für die Hörer im Osten haben wir Musik zum Mitschneiden mit Kassettenrekorder gesendet, ohne reinzuquatschen.“ Bis 1984 war er außerdem bei Radio Bremen, 1987 wechselte er zum Rias. Dann machte er Frühstücksfernsehen, war Wettermann, produzierte und moderierte zu allem, was in die Rubrik Lifestyle fiel. „Ich bin ein Mann der Unterhaltung – der schönen Dinge.“

Gern würde er wieder zurück ins Radio-Studio, aber die Zeit reicht nicht. Anfang 2015, sagt er, wird es vielleicht etwas, in Planung sei eine Schlagersendung. Er lächelt – ja, Schlager, das sei doch per se nichts Schlimmes. Und eine breit aufgestellte Rubrik: von Herbert Grönemeyer bis Helene Fischer. Schlager sei wieder angesagt und überraschenderweise auch bei jungen Leuten populär. „Ich fand den Roland Kaiser auch mal sehr gut“, sagt Dorfmann.

Und falls ihm persönlich mal etwas nicht so gefällt? „Ich bin ein Profi“, sagt er knapp. Natürlich sei Radiomachen heute anders als vor 30 Jahren, als der Moderator mit Plattenkoffer ins Studio ging. Heute ist Dorfmann mit einem Rechner unterwegs und um die Titelauswahl kümmert sich eine Musikredaktion. Über das Radiomachen kann er leidenschaftlich erzählen. Dass Frauen auf Frauenstimmen, also Moderatorinnen, meist „allergisch reagieren“, das sei wissenschaftlich bewiesen. Und dass das Aussehen der Moderatoren der Fantasie der Hörer überlassen war. „Wir hätten im Jogginganzug dasitzen können“, sagt er, aber für ihn war so ein schlampertes Auftreten nichts. Heute ist er Vorsitzender des Fördervereins des Berliner Presseballs und selbst gern in der bunten Welt unterwegs. Auch wenn er in Potsdam gern etwas ruhiger treten und vor allem – nach einigen Umzügen – länger bleiben würde. Damit müsste sich auch eine gewisse Dame aus Berlin abfinden. Er sei zwar offiziell noch Single – „aber es gibt da eine Tendenz“, sagt er vorsichtig.

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