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Kanu-Spannung auf dem Stadtkanal. Bei der Premiere der Zweierkajaks siegten Potsdams Lokalmatadore Ronald Rauhe/Tim Wieskötter (oben rechts) sowie Fanny Fischer/Nicole Reinhardt (unten links beim Fernsehinterview). Sebastian Brendel vom KC Potsdam (Mitte) hatte im Canadier eine durchwachsene Bilanz, rechts die Dauerrivalinnen Katrin Wagner-Augustin (l.) und Katalin Kovacs.

© Manfred Thomas

Von Klaus Weise: Lauter Sieger und prima Aussichten

5. Potsdamer Kanalsprint war wieder ein voller Erfolg – über seine Zukunft als Weltcup wird nachgedacht

Stand:

Deutschlands Rennkanuten gewannen am Samstag in Potsdam einen Sprint-Vergleich mit den Spitzenpaddlern Ungarns deutlich mit 39:13 Punkten. „Hätte Ungarn nicht vor 20 Jahren seine Grenze nach Österreich für DDR-Flüchtlinge und damit die Tür zur politischen Wende geöffnet, hätten wir heute keine packenden Kanusprints auf dem wiedereröffneten Potsdamer Stadtkanal erleben können“, ordnete Ministerpräsident und Kanalsprint- Schirmherr Matthias Platzeck das aktuelle sportliche ins historische politische Ereignis von 10. September 1989 ein.

Der mittlerweile 5. Potsdamer Kanalsprint in der Yorkstraße, als Hommage an jenes Ereignis erstmals international als Länderkampf zwischen den beiden weltbesten Kanu-Nationen ausgetragen, trug dem Rechnung und wertete das Potsdamer Paddel-Stakkato sportlich noch einmal enorm auf. Daher fiel es am Ende auch kaum ins Gewicht, dass die Gäste, die jede Menge Olympia-, WM- und EM-Medaillengewinner aufgeboten hatten, nach gerade absolviertem Urlaub und erst wenigen Tagen Training noch keine Hochform bei den Sprints aufwiesen, deutliche Mühe mit den ungewohnten Bedingungen auf dem nur 1,20 Meter tiefen und sieben Grad kalten Nass im Kanal hatten und von den Stars des DKV-Nationalteams in 20 der 27 Duelle Boot gegen Boot ins Kielwasser verwiesen wurden. „Ich habe heute lauter Sieger gesehen“, bilanzierte Kanalsprint-„Vater“ und Org.-Chef Jürgen Eschert.

Die Einzelgewinner des Tages waren vor 5500 Zuschauern im Einerkajak die in Potsdam lebende Conny Waßmuth (SC Magdeburg) und Lokalmatador Ronald Rauhe sowie im Canadier der Ungar Gabor Horvath. In den erstmals ausgetragenen Zweier-Rennen setzten sich Nicole Reinhardt (Lampertheim)/Fanny Fischer und Ronny Rauhe/Tim Wieskötter (alle KC Potsdam) im K2 sowie die Ungarn Gabor Horvath/Attila Bozsik im C2 durch. Conny Waßmuth stand im Finale, weil sie im internen Vergleich mit der in den Vorrennen ebenfalls dreimal erfolgreichen Potsdamerin Katrin Wagner-Augustin die schnellere Zeit aufweisen konnte. Dass sie dann dort auch gegen Ungarns Superstar Katalin Kovacs klar vorn war, freute sie besonders. „2005 habe ich schon mal hier gewonnen, aber diesmal war’s noch schöner. Man schlägt die Kovacs halt nicht jeden Tag“, sagte sie.

Neben dem Spaß an der Sache brachte das Siegen auch etwas ein – im Einzel erhielt der Gewinner 1000 Euro, im Zweiern 750 Euro pro Mann. Alles in allem wurden, so der Sportliche Leiter Torsten Gutsche, an die 20 000 Euro in Start- und Preisgelder investiert, der Gesamtetat des Kanalsprints lag um die 100 000 Euro. „Wer das hier erlebt hat, der hat gesehen, dass das gut angelegtes Geld war“, befand Eschert. Und Matthias Platzeck, wie Ungarns Botschafter Sandor Peisch am Nachmittag an der Strecke und am Abend Gastgeber eines Empfangs im Kongress-Hotel mit viel sportlicher und politischer Prominenz, adelte das Erlebte gar als „Sportveranstaltung der Superlative“.

Das empfanden wohl auch die Gäste von der Internationalen Kanu-Föderation so, die sich die Rennen ansahen. Das Technische Komitee mit seinem kanadischen Vorsitzenden Frank Garner an der Spitze, das auf Einladung des DKV eine Tagung in Potsdam abhielt, verfolgte alles ganz genau. „In Kanada gibt es auch solch eine Veranstaltung mitten in der Stadt, aber ansonsten kenne ich nichts Ähnliches in der Welt. Und ich bin 46 Jahre im Geschäft“, sagte Garner der PNN. „Man kann Traditionalist sein, aber wenn etwas so aufgezogen wird wie der Kanalsprint, dann ist das zumindest ein Teil der Kanuzukunft.“ Mit dem künftigen olympischen Status der 200-Meter-Strecke werden, so Garner und DKV-Sportdirektor Jens Kahl unisono, Veränderungen im internationalen Wettkampfkalender einher gehen. Denkbar ist zum Beispiel auch, dass der Potsdamer Kanalsprint in ein, zwei Jahren zum 200-Meter-Weltcup wird.

Die Athleten selbst hätten nichts dagegen. Ronny Rauhe fand es „einfach nur geil, zuhause – quasi im Wohnzimmer – zu paddeln und die Leute so dicht dabei zu haben“. Sein Zweier-Partner Tim Wieskötter formulierte diese Nähe so: „Wenn du da unten fährst, kannst du das Weiße im Auge der Fans sehen.“.Jahr für Jahr professioneller werde das Ganze, „hier ist richtig toll was los, und damit ist der Kanalsprint in Deutschlands Paddelhauptstadt eben etwas ganz Besonderes“. Gerade auch 20 Jahre nach dem mutigen politischen Schritt Ungarns.

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