Schulnotstand in Potsdam: Leere Taschen
Die kommunalen Betriebe haben kaum Reserven, um sich am Bau neuer Schulen für 160 Millionen Euro zu beteiligen. Eine Bilanz.
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Die Stadtspitze ist skeptisch, ob sich die kommunalen Unternehmen tatsächlich in großem Umfang an der Finanzierung der 160 Millionen Euro für neue Schulen beteiligen können. In einer Antwort des Kämmerers Burkhard Exner (SPD) auf eine Anfrage der CDU-Fraktion heißt es jetzt, bei der Bauholding Pro Potsdam sei wegen der Festlegungen zum Bau von 1000 neuen Wohnungen bis 2019 derzeit keine Ausschüttung zugunsten des städtischen Haushalts vorgesehen. Ebenso verhalte es sich beim Klinikum „Ernst von Bergmann“ wegen dessen Gemeinnützigkeit. Auch die Stadtwerke hätten wegen der ihnen übertragenen Aufgaben nur ein „begrenztes Ausschüttungspotenzial“.
Nach Bekanntwerden des Millionen-Pakets für Bildungseinrichtungen hatte Exner im Oktober erklärt, mit den drei großen kommunalen Unternehmen verhandeln zu wollen, wie sich diese finanziell beteiligen können. Sowohl die Bauholding Pro Potsdam als auch die Stadtwerke und das Klinikum „Ernst von Bergmann“ haben auch im vergangenen Jahr laut ihren aktuellen Geschäftsberichten zum Teil Überschüsse in Millionenhöhe erwirtschaftet – allerdings nur auf dem Papier, wie die Unternehmen betonen. Die PNN geben einen Überblick.
Pro Potsdam
Den größten Gewinn konnte 2012 die städtische Bauholding Pro Potsdam erwirtschaften: Es handelt sich um einen Überschuss von rund 29 Millionen Euro – im Gegensatz zu 4,5 Millionen Euro im Jahr 2011. „Allerdings täuschen die Zahlen darüber hinweg, dass es sich lediglich um Gewinne auf dem Papier handelt“, sagte Pro-Potsdam-Sprecher Sebastian Scholze den PNN. Bereits im April hatte die Pro Potsdam den Gewinn angekündigt und dabei betont, der Liquiditätsbestand – also das frei verfügbare Barvermögen des Unternehmens, das für Investitionen oder zur Schuldentilgung eingesetzt werden kann – habe sich dadurch nicht verändert. Das Vermögen der Pro Potsdam profitiere unter anderem von der guten Entwicklung der Stadt. So habe die Pro Potsdam die Restbuchwerte ihrer Mietshäuser neu bewertet. Allein dadurch wird die Pro Potsdam auf dem Papier 15,5 Millionen Euro reicher.
Im Geschäftsbericht heißt es zugleich, durch die von den Stadtverordneten beschlossene Mietenbremse sei es „zunehmend schwieriger, die notwendigen Liquiditätsrückflüsse für den Schuldenabbau und für den gleichzeitigen Neubau zu generieren.“ Auch das laufende Jahr werde durch nicht-liquiditätswirksame Erträge beeinflusst, so Scholze. Diese würden jedoch deutlich geringer ausfallen. Das Jahresergebnis werde voraussichtlich auf dem Niveau der Jahre vor 2012 liegen. Zur Pro Potsdam gehören unter anderem die Gewoba-Gesellschaft mit 17 000 Wohnungen, aber auch die Luftschiffhafen GmbH. Zudem ist die Pro Potsdam für die Biosphäre und den Volkspark zuständig.
Stadtwerke
Der Stadtwerke-Konzern hat im vergangenen Jahr geringere Überschüsse erwirtschaftet. Angezeigt wird für 2012 ein Überschuss von rund 1,5 Millionen Euro – im Gegensatz zu 8,6 Millionen Euro in 2011 und 10,7 Millionen Euro im Jahr 2010. Stadtwerke-Sprecher Stefan Klotz erklärte, diese Überschüsse hätten keine tatsächlichen Geschäfte zur Grundlage: „Vielmehr sind Veränderungen in den Vorschriften zur Bilanzierung die Ursache.“ Durch die Umstellung auf das sogenannte Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz mit einer Reihe von Übergangsvorschriften seien die Jahresabschlüsse der Jahre 2010 bis 2015 nur eingeschränkt miteinander vergleichbar.
Zu den Stadtwerken gehören unter anderem die Energie und Wasser Potsdam (EWP), aber auch die über Quersubventionen und die Stadt finanzierten, naturgemäß defizitären Unternehmen Verkehrsbetrieb (Vip) und Bäderlandschaft Potsdam, die die kommunalen Hallen- und Freibäder betreibt. In einem von Kämmerer Exner Anfang des Jahres vorgelegten Sparplan um in Potsdam einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, ist bereits von einer Kürzung der Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr von 4,5 auf drei Millionen Euro bis 2017 die Rede. Allerdings waren die Kosten für die Schulneubauten bei der Veröffentlichung dieses Papiers noch nicht bekannt. Der Stadtwerke-Sprecher sagte, zur geplanten Sparrunde für den Vip müssten erst Gespräche mit der Stadtspitze geführt werden: „Bislang gibt es keine.“ Eine separate Erhöhung der Vip-Ticketpreise wegen der Sparpläne bezeichnete Klotz als unrealistisch, da die Tarifpolitik im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg abgestimmt werde. Für das Jahr 2013 erwarten die Stadtwerke nach dem Abzug von Investitionsrücklagen „voraussichtlich nur ein ausgeglichenes Konzernergebnis“. Zu den Risiken der weiteren Entwicklung gehören laut den Stadtwerken unter anderem höhere Preise für Diesel, die das VIP-Ergebnis weiter belasten könnten.
Klinikum „Ernst von Bergmann“
Als steuerlich begünstigtes gemeinnütziges Unternehmen kann das Klinikum „Ernst von Bergmann“ nominell keinen Bilanzgewinn ausweisen. Allerdings erwirtschaftete der Konzern 2012 ein positives Jahresergebnis von 4,3 Millionen Euro - nach einem 2,6-Millionen-Plus im Jahr zuvor. „Das Jahresergebnis reinvestieren wir zum Beispiel in notwendige Bauinstandhaltung, Medizin- und Labortechnik und EDV-Systeme“, sagte Klinikumssprecherin Damaris Hunsmann.
Die Sprecherin verwies auch darauf, dass der Konzern für Investitionen, auch vergangene, derzeit etwa 12 Millionen Euro pro Jahr benötigt. Zur Finanzierung erhalte das Haus pro Jahr aber nur rund vier Millionen Euro Investitionspauschale vom Land Brandenburg. „Die Differenz müssen wir aus Eigenmitteln aufbringen“, so Hunsmann. Der gestiegene Überschuss in 2012 sei zum Beispiel durch ein verbessertes Einkaufs- und Vorratsmanagement erzielt worden. Als Risiken werden im Geschäftsbericht zum Beispiel geplante Tarifverhandlungen mit dem Marburger Bund für die Mediziner im Haus und mit der Gewerkschaft Verdi für den nichtärztlichen Dienst genannt. Unklar sei, wie sich die Gesundheitspolitik entwickelt – und damit die Höhe der staatlichen Zuschüsse. Sprecherin Hunsmann sagte, für dieses Jahr seien noch keine Angaben zum Konzernergebnis möglich.
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