Von Kay Grimmer: Leerstand im Holländischen Viertel
Kaum Potsdamer Käufer im innerstädtischen Touristenmagneten, Verwaltung will Viertel unterstützen
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Innenstadt – Die Stimmung unter den Einzelhändlern im Holländischen Viertel war schon besser. „Räumungsverkauf“ steht auf Schildern in den Schaufensterscheiben, insgesamt neun Läden stehen in dem denkmalgeschützten Quartier mit den roten Backsteinhäusern mittlerweile leer. Und einige Geschäfte werden in naher Zukunft noch frei. Den Einzelhändlern im Holländischen Viertel fehlen die Kunden – vor allem aus der eigenen Stadt. Dazu kommen hohe Mieten und strenge Auflagen des Denkmalschutzes, die Außenwerbung oder größere Schaufenster verhindern. So stehen Geschäfte nicht nur im Außenbereich des Viertels leer, auch auf den beiden zentralen Straßen, der Benkert- und der Mittelstraße, gähnen dem Besucher leere Geschäftsräume entgegen.
„Die Werbung hat sich jahrelang zu sehr um die Touristen und die Berliner gekümmert. Doch allein von dieser Klientel, die meist nur von Donnerstag bis Sonntag durch die Straßen zieht, können wir nicht die ganze Woche leben“, erklärt Enrico Knuth, Inhaber des Herrenbekleiders „Herr Knuth“ in der Mittelstraße. Die Konsequenz: Geschäfte schließen oder ziehen um. Wie der Baby- und Kindermodeladen „a la baby“, bislang noch in der Mittelstraße, der ab April in die Jägerstraße umzieht. „Für Potsdamer ist das Viertel nicht mehr attraktiv“, meint die Inhaberin Sara Kaminski. Dazu komme „eine wahnsinnige Miete“ und ähnlich „wahnsinnige Denkmalschutzauflagen“ für die Einzelhändler.
Andere Geschäfte haben bereits den Umzug vollzogen: Andreas Kretschmann wechselte Anfang des Jahres von der Benkert- in die Charlottenstraße. „Ich bin umgezogen, weil ich größere Ladenfläche benötigte“, sagte Kretschmann. Den Verkaufsraum hätte man nicht vergrößern können, der Denkmalschutz sprach dagegen. Über fehlende Kundschaft mochte er nicht klagen, obschon er zugab, dass die Situation im Holländischen Viertel nicht einfach sei, an einigen Problemen die Händler aber selbst schuld seien. „Der Willen zur Zusammenarbeit fehlt bei einigen“, bedauert Kretschmann. Wohl auch deshalb ist die Interessengemeinschaft Holländisches Viertel, in der sich vor allem Geschäftsleute des Quartiers zusammengeschlossen hatten, gescheitert. „Der Verein existiert nicht mehr“, bestätigt das einstige Vorstandsmitglied Andreas Kretschmann.
Die Stadt hat derweil auf den Leerstand im Holländischen Viertel reagiert. So einigte man sich in dieser Woche in der Verwaltung, das markante Quartier in das Geschäftsstraßenmanagement der Innenstadt einzubeziehen. Das kündigte der städtische Wirtschaftsförderer Stefan Frerichs gegenüber den PNN an. In diesem Projekt – gefördert durch EU-Mittel – sollen Geschäftsstraßen wie die Brandenburger oder die Karl-Liebknecht-Straße mit Projektarbeit unterstützt werden, um sie attraktiver zu machen.
Frerichs machte jedoch auch deutlich, dass das Holländische Viertel nicht mit Bummelmeilen zu vergleichen ist: „Die Gemengelage im Viertel ist schwierig“, verschiedene Aspekte müssten vereinbart werden: die Wohnnutzung, den Schutz des Gebäudeensembles als Welterbe und Touristenattraktion sowie die gewerblichen Angebote von Handel und Gastronomie. In der Verwaltung sind die Problemfelder bekannt – die strengen Denkmalschutzauflagen, die unzureichende Beleuchtung der Straßen oder auch die Parkplatzsituation. Potsdams Marketing-Chefin Sigrid Sommer erklärte bereits öffentlich, den Autoverkehr am liebsten aus dem Holländischen Viertel verbannen zu lassen.
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