
© J. Bergmann
Dachdecker gehen in die Luft: Lehrlinge im Mittelpunkt beim Tag des Handwerks
Potsdamer Handwerksbetriebe präsentierten sich am Wochenende auf dem Luisenplatz. Im Mittelpunkt: Das Werben um Lehrlinge.
Stand:
Potsdam - Die 13-jährige Aileen benimmt sich so gar nicht wie ein Mädchen. Sie ist beim Aktionstag des Handwerks auf dem Luisenplatz sofort am Stand Autobauer hängen geblieben und wechselt nun mit fachmännischer Hilfe ein Rad aus. Für die Berufswahl sei es zwar noch ein bisschen früh, meint der daneben stehende Papa, doch verwundert ist er nicht. Schließlich hat er auch einmal Kfz-Schlosser gelernt.
Am Samstag reiht sich auf dem Luisenplatz Stand an Stand, es wird für die einzelnen Gewerke geworben und gezeigt, was die alles können. Essen und Trinken wird angeboten, immer wieder aber auch Beratung und Interaktion. Im Mittelpunkt des Handwerkertags steht jedoch das Werben um Lehrlinge, denn die sind inzwischen rar, werden von den Ausbildungsbetrieben dringend gesucht. Die Autoreparaturwerkstatt Eberhard Kalliske in Trebbin hat zum Beispiel seit zwei Jahren keinen Bewerber mehr gesehen. Zu schlechte öffentliche Verkehrsanbindung, meint der Chef. Doch die Tendenz sei wieder steigend, versichert Kreishandwerksmeister Holger Schmädicke, der in seinem Potsdamer Fahrzeugbaubetrieb sechs Lehrlinge ausbildet.
Dabei könnte man als Dachdecker hoch hinaus kommen
Auch die Dachdeckerinnung ist mit Lehrlingen unterversorgt. 20 bis 25 könnte sie im Bereich der Potsdamer Handwerkskammer aufnehmen. Interesse zeigen aber derzeit höchstens fünf bis sechs. Dabei kann man bei den Dachdeckern hoch hinaus kommen. Auf der Hebebühne zum Beispiel 45 Meter und diese Höhenluft durften die Besucher des Handwerkertags dann auch sofort schnuppern. Außerdem konnten noch Herzen aus Dachziegeln geklopft und ein Modelldach eingedeckt werden. Auf diese Weise hatten fast alle Gewerke die Werbung mit dem Anschaulichen verbunden und die Potsdamer Braumanufaktur ließ das Resultat handwerklicher Arbeit natürlich auch verkosten. Sie hat übrigens keine Lehrlingsprobleme, nimmt pro Jahr jedoch nur einen auf.
Das alte Rollenbild ist immer noch präsent
Aber auch andere Betriebe konnten ihren Azubis zu guten Abschlüssen verhelfen. Um das zu demonstrieren, wurde der Handwerkertag mit der Freisprechung von 31 Junggesellinnen und 39 Junggesellen eingeleitet. Dabei zeigte sich allerdings das alte Rollenbild, denn die Mädchen hatten Berufe wie Bäckerei-Verkäuferin, Konditorin oder Frisörin erlernt, während bei den Tischlern, Mechanikern und im Baugewerk noch immer die Jungen dominieren.
Zum Potsdamer Kammerbezirk gehören 17 500 Handwerksbetriebe mit über 60 000 Beschäftigten. Die Fachbereiche sind in 19 Innungen organisiert und über 1800 Handwerksbetriebe bieten eine Gesellenausbildung an. „Doch damit muss nicht Schluss sein“, meint Robert Wüst, selbst Metallbaumeister und Präsident der Potsdamer Handwerkskammer. Mit seinen 31 Jahren übrigens der jüngste in Deutschland. Es könne sich eine Meisterausbildung anschließen oder ein Studium. Da sehr oft nach einer Berufsausbildung mit Abitur gefragt werde, wolle man die auch wieder ins Programm aufnehmen, sagte Wüst. H. Dittfeld
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: