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INTERVIEW: „Leider fehlt uns noch der Friedhof dazu“

Herr Wacker, welche Bedeutung hat der Fund für Brandenburg?Das Herausragende ist, dass wir hier die Dorfstruktur im Ganzen nachvollziehen können.

Stand:

Herr Wacker, welche Bedeutung hat der Fund für Brandenburg?

Das Herausragende ist, dass wir hier die Dorfstruktur im Ganzen nachvollziehen können. Wir haben die Wohnhäuser mit den Stallungen, die Werkstätten und die Brunnen. Leider fehlt uns noch der Friedhof dazu. Normalerweise aber erfolgen archäologische Grabungen im Zuge eines Straßenbaus oder wenn zum Beispiel eine Pipeline verlegt wird. Dann können wir praktisch nur eine Schneise freilegen. Solche Gelegenheiten bieten sich sonst eigentlich nur im Tagebaugebiet und auf der Flughafenbaustelle in Schönefeld. Zudem birgt der Fund noch eine Menge Potenzial. Anhand der einzelnen Gehöfte und der vermuteten Dauer der Besiedlung lässt sich möglicherweise noch die Zahl der Einwohner berechnen. Dann kann man das Bild des Dorfes richtig auferstehen lassen.

Insgesamt sieben römische Importstücke wurden gefunden, darunter ein Joch eines römischen Wagens. Wie selten sind Funde römischen Ursprungs in Brandenburg?

In Siedlungen aus der römischen Kaiserzeit findet man immer wieder römische Fundstücke, auch auf dem heutigen brandenburgischen Gebiet. Meistens handelt es sich um Münzen oder Gewandnadeln, sogenannte Fibeln. Aber auch Trachtenbestandteile wie Gürtelbeschläge oder Riemenzungen findet man häufiger. Die Intensität nimmt aber ab, je weiter man sich vom römischen Herrschaftsgebiet wegbewegt, vor allem aber, je weiter nördlich man sich von der Elbe entfernt.

Wie sind solche Funde überhaupt in weit vom Limes entfernte Gebiete wie Brandenburg gekommen?

Zum einen gibt es sogenannte Hortfunde aus sogenanntem Hacksilber, also zerhackten Metallgefäßen oder Figuren. Dabei handelt es sich oft um Beute, die Germanen bei ihren Einfällen ins römische Gebiet gemacht haben und die sie für den leichteren Transport und zur besseren Verteilung zerkleinerten. Es ging nicht um den ideellen Wert eines Gegenstandes, sondern nur um das Material. Aber die historischen Quellen berichten, zum Beispiel bei Tacitus, auch vom Handel zwischen Germanen und Römern. Zudem kann es sich bei einigen Funden, wie etwa vermutlich im Nuthewinkel, um Sold oder Reste von Ausrüstungsgegenständen germanischer Hilfstruppen im Dienste Roms gehandelt haben.

Das germanische Dorf im Nuthewinkel war vermutlich vergleichsweise groß. Wie dicht war das heutige brandenburgische Gebiet in der späten römischen Kaiserzeit besiedelt?

Wir haben mehrere Hundert Fundplätze, aber wir wissen darüber recht wenig, weil wir sie nicht vollständig ausgegraben haben. Wir wissen nur, dass es sie gibt. Aber die Region war zu dieser Zeit schon relativ dicht besiedelt. Es gab natürlich regionale Siedlungsschwerpunkte, zum Beispiel im Havelland.

Was passiert jetzt mit den Fundstücken?

Die werden jetzt nach Wünsdorf gebracht und kommen dort in die Restaurierungswerkstatt. Gerade die besseren Stücke, etwa das Joch oder die Münzen, werden dann in unser Landesmuseum im Paulikloster in Brandenburg an der Havel kommen. Wenn alles gut geht, sind sie dort 2014 bereits zu sehen.

Die Fragen stellte Matthias Matern

Joachim Wacker (51) ist Mitarbeiter des Brandenburgischen Landesamtes für

Denkmalpflege und des Archäologischen Landesmuseum Brandenburg

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