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Kolumne Etwas HELLA: Leider kein Platz auf dem Platz

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche/durch des Frühlings holden belebenden Blick..

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Vom Eise befreit sind Strom und Bäche/durch des Frühlings holden belebenden Blick... Keine Angst, ich werde Sie jetzt nicht mit meiner humanistischen Bildung quälen, zumal es mit dem Eise seit dem Klimawandel selbst im Winter nicht mehr weit her ist und der April gerade bei den Temperaturen alles durcheinander bringt. Doch – einmal noch frei nach Goethe – das Feiertagsgewimmel wollt ich trotzdem sehn und mit freiem Volk auf freiem Grunde stehn...

Und los ging es über drei der bekanntesten Innenstadtplätze von Potsdam. Dabei wurde mir auch bei niedrigen Plusgraden ganz warm ums Herz. Und ich tat Buße. In einer meiner ersten Kolumnen hatte ich dem Luisenplatz nämlich „Käfige und Klo“ als Prädikat verpasst. Das nehme ich jetzt zurück. Die Bäume sind gewachsen, eine Hobbygärtnerin hat die Käfiggitter begrünt und beblüht und auch an Baumscheiben und in Schalen rund um den Platz – unterstützt von den ansässigen Unternehmen – wunderbar kunstvoll Blumen gepflanzt. Der Springbrunnen springt und schießt Wasserfontänen in die Luft. (Nein, er ist inzwischen nicht weggesprungen, sondern erst mal wieder abgestellt worden.) Wenn nun noch die Gastronomen ihre Bestuhlung bis auf den Platz ausdehnen würden... Aber ich will nicht schon wieder unverschämt sein mit meinen Ansichten in Sachen Luisenplatz.

Völkerwanderungen gibt es an den Wochenenden auch auf dem Alten Markt. Der ist zwischen Altem Rathaus und Landtag, der kein Schloss ist, schon recht schön geworden. Er scheint zwar immer mal wieder neue Absperrungen zu kriegen, aber die lockern mit ihrem unübersehbaren Rot-Weiß den Platz wenigstens ein bisschen auf. Weit und breit ist nämlich keine Sitzgelegenheit zu entdecken und wenn das Volk mal gerade nicht lustwandelt, dann sieht der Platz ziemlich kahl und sehr leer aus. Da kann ich sogar verstehen, dass parkplatzsuchende Autofahrer sehnsüchtig auf eben diese verführerische Leere blicken. Pardon, ich muss mich revidieren. Es gibt Bänke seitlich an der Nikolaikirche mit einem interessanten Blick auf die abgewrackte Rückfassade der Fachhochschule. Die will aber offenbar keiner sehen. Deshalb werden eher noch die Poller oder die Kirchenstufen als Sitzplatz genutzt, auch wenn der Po fast anfriert. Fahrradständer gibt es natürlich auch nicht und so kann man den Dominoeffekt sehr praktisch studieren, wenn eines der freistehenden Räder umfällt und die anderen allesamt mitreißt.

Das ist so informativ als Versuchsanordnung, dass der Alte Markt dem Neuen schon den Rang abläuft, um den ringsherum eher weniger Fahrräder parken, dafür aber Autos. Das dürfen die hoffentlich, denn ein Knöllchen wäre nun nicht gerade das erwünschte Osterei gewesen. Auch wenn es die Politessen nett hinterm Scheibenwischer verstecken.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam

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