Landeshauptstadt: Lernen in Potsdam, selbstständig in Namibia
Heiko Emmel lässt sich zum Tourismusassistent ausbilden, danach will er Reisen in Afrika vermitteln
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In zwei Monaten hat Heiko Emmel seine Ausbildung abgeschlossen. Dann ist der 22-Jährige staatlich anerkannter Tourismusassistent und will eine eigene Firma im Heimatland seiner Mutter eröffnen. 78 Kilometer von Okahandja, der achtgrößten Stadt Namibias, entfernt, unweit einer zertifizierten Tontauben-Schießanlage und Safari-Möglichkeiten. Die Vorbereitung auf den großen Umzug nach Südwest-Afrika laufen auf Hochtouren, noch im Sommer will er mit einem Abschluss in der Tasche Potsdam und die Berufsfachschule für Wirtschaft und Tourismus nach zwei Jahren wieder verlassen.
Heiko Emmel ist einer von 147 Schülern, die derzeit ihre Ausbildung an der anerkannten Ersatzschule, der TÜV-Rheinland-Berufsfachschule, in der Puschkinallee absolvieren. Zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Tourismusassistenten – was danach kommt, können sich die Schüler selbst aussuchen. Studieren, Berufseinstieg oder weiter Schulbank? Alles ist möglich, sagt Markus Kiehne, Schulleiter in der Potsdamer Einrichtung. Sie können eine einjährige Zusatzausbildung zum Wellness-Coach buchen, direkt in Firmen wechseln oder auch an einer der Kooperationshochschulen in Birmingham, Barcelona oder Leeuwarden (Niederlande) innerhalb eines Jahres ihren Masters ablegen. „Die Hochschulen erkennen den Abschluss von uns an“, sagte Kiehne. Jedoch würden sich die meisten aufgrund der Sprachkenntnisse für die britische Metropole als Studienort entscheiden. Barcelona sei seltener gewählt, obwohl die Potsdamer Berufsschule Spanisch-Unterricht im Lehrprogramm hat.
Die Ausbildung hebt sich ab von dem klassischen Bild des dualen Systems zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb. Wer an dieser Schule einen Beruf erlernt, sitzt acht Stunden in dem Seminarhaus, absolviert innerhalb der beiden Ausbildungsjahre acht Wochen Praktika und muss für die Ausbildung bezahlen. Zwischen 150 und 180 Euro monatlich kostet das Angebot der TÜV-Schule, die Schüler kommen aus Regionen von der Nordsee bis zum Bodensee. Auch die Altersstruktur sei vielfältig, so Kiehne. Abiturienten, aber auch Mittdreißiger, die sich nochmal verändern wollen, würden die Schule besuchen.
Im Flur hängen Job- und Praktika-Angebote, das neueste aus den Branchen wird gelesen. Es klingt wie ein Urlaubs-Traum, wenn Markus Kiehne über Schüler erzählt, die sich ihren Praktikumsplatz selbst ausgesucht haben. Sie sind in Unternehmen auf den Malediven, in Tadschikistan oder wie dieses Jahr in Costa Rica. Die Welt ruft – und die Potsdamer Schüler hören zu. Wie Heiko Emmel.
Mit zehn Jahren ist er nach Namibia gezogen. In die Heimat seiner Mutter, die in der ehemaligen deutschen Kolonie geboren wurde. Sie gehören zu jenen etwa 20 000 Weißen, die heute dort leben. Seinen Schulabschluss hat er an der Deutsche Höhere Privatschule Windhoek abgelegt, danach als Koch gearbeitet und zufällig von Potsdam erfahren. Er selbst ist in Frankfurt am Main geboren, hat von der Schwester seiner früheren Schulleiterin in Windhoek von der Potsdamer Schule erfahren. „Eine unglaubliche Geschichte“, sagt er selbst zu den Umständen, die ihn aus Namibia nach Preußen verschlugen.
Mit seiner Idee einer Reiseagentur in Namibia setzt er auf einen Trend, den auch Branchenexperten prognostizieren. Zwei Vorteile nennen sie dabei für Namibia als Urlaubsort: Es wird teilweise Deutsch gesprochen und es gibt keine Zeitverschiebung. Zwei Punkte, auf die auch Heiko Emmel setzt. Von der Lodge seiner Mutter aus will er die Touren starten lassen, Kooperationen mit Partnern seien geschlossen, ein Internetauftritt in den Startlöchern. Er setzt dabei das direkt praktisch um, was er innerhalb der vergangenen beiden Jahre theoretisch gelernt hat – im Tourismus-Geschäft zu arbeiten. jab
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