Landeshauptstadt: Lernen statt Babysitten „Grips Gewinnt“ vergibt Schülerstipendien
Auf Geschwisterkinder aufpassen anstatt zu lernen? Die wichtige Nachhilfe nicht bezahlen können?
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Auf Geschwisterkinder aufpassen anstatt zu lernen? Die wichtige Nachhilfe nicht bezahlen können? Oder gar aus der elterlichen Wohnung ausziehen, um sich auf die Schulausbildung konzentrieren zu können? Das sind einige der Hürden, denen manche Kinder und Jugendliche auf ihrem Bildungsweg begegnen.
„Es fehlt oft an Geld, sei es für Musikunterricht oder Theaterkurse, für Bücher, Taschenrechner oder Museumsbesuche“, sagt Martina Schulze von der Herz-Stiftung. Gemeinsam mit der Bosch-Stiftung wurde vor einem Jahr das Schülerstipendium „Grips gewinnt“ ins Leben gerufen, um motivierte Jugendliche auf dem Weg zu Abitur oder Fachhochschulreife zu unterstützen. So möchte man einen kleinen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit unabhängig von Herkunft, elterlichem Bildungsstand und Einkommen leisten, sagen die Organisatoren.
Gute Zensuren seien eine wünschenswerte Voraussetzung für künftige Stipendiaten, aber nicht zwingend. „Wir wollen auch schlummernde Talente entdecken und fördern“, sagt Schulze, ebenso seien Motivation und Entwicklungspotenzial wichtig. Ziel sei es, die Schüler möglichst bis zum Abitur zu begleiten, man betreibe aber keine gezielte Hochbegabtenförderung. Sollte es letztlich ein guter Oberschulabschluss werden, sei das auch kein Drama. Regelmäßig muss die Stiftung allerdings über die Leistungsentwicklung informiert werden, wer längerfristig absackt, kann die Förderung verlieren.
Doch nicht nur finanzielle Hilfe tut Not. Deshalb gehört zu einem Stipendium außer der monatlichen Rate von etwa 150 Euro unbedingt die Begleitung durch regelmäßige Gespräche, individuelle Beratungen über Berufswahl und weitere Bildungsmöglichkeiten. Vor allem punktet das Programm durch ein breites Angebot von kulturellen Veranstaltungen, Seminaren, Kursen, bis hin zum mehrtägigen Sommercamp. Die Teilnahmen an den Veranstaltungen ist gewünscht und teilweise verbindlich, bei den Schülern kommen diese Termine, bei denen sie sich außerdem kennenlernen und austauschen, gut an, wie die Rückmeldungen zeigen.
Bewerben können sich Schüler, die derzeit mindestens die siebente Klasse besuchen, gern auch Geschwisterkinder.
Im Jahr 2011 bekamen 50 Schüler aus Norddeutschland den Zuschlag, jetzt sollen 110 neue Kinder gefördert werden. Zum ersten Mal auch im Land Brandenburg. Etwa 28 Prozent der Familien leben hier von einem Einkommen an der Armutsgrenze, sagen Studien. Bundesweit brauchen etwa 40 000 Kinder Unterstützung durch ein Stipendium, doch nur etwa 1000 werden tatsächlich vergeben, viele davon an Kinder mit Migrationshintergrund. Das Geld von „Grips gewinnt“ wird den Schülern direkt auf ein eigenes Konto überwiesen, das setze viel Vertrauen und Selbständigkeit bei den Empfängern voraus. Bisher habe man nur gute Erfahrungen gemacht, sagen Schulze und Roman Rösch von der Bosch-Stiftung. So müsse niemand vor einer Ausgabe um Erlaubnis bitten. Aber manch einer rufe dennoch an, um sich zu vergewissern, ob der Taschenrechnerkauf „okay“ sei, sagt Schulze. Steffi Pyanoe
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