
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Lesender Arbeiter im Café
Mit der Abnahme und Sicherung eines Wandfrieses beginnt der Umbau der Stadt- und Landesbibliothek
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Innenstadt - Die eigentlichen Entkernungsarbeiten mit schwerem Gerät beginnen erst in wenigen Wochen. Daher leitete Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern zunächst nur so etwas wie einen „sanften“ Baustart für den Umbau der Potsdamer Stadt- und Landesbibliothek ein. Als bauvorbereitende Arbeit wird gegenwärtig eine monumentale Wandmalerei im Eingangsbereich, geschaffen zwischen 1971 und 1974 von dem Künstler Kurt-Hermann Kühn (1926-1989), durch eine Berliner Spezialfirma abgenommen und eingelagert. Die „Kostbarkeit“, wie Jakobs sagte, steht seit 1977 unter Denkmalschutz. Das 4,90 Meter hohe und 16,25 Meter breite Wandfries ist in fünf Bildfelder unterteilt. Von links beginnend werden der Spartakusaufstand 73 bis 71 v. Chr., der Bauernkrieg 1524-26, ein lesender Arbeiter, die Französische Revolution 1789-92, die deutsche Märzrevolution 1848 sowie die russische Oktoberrevolution 1917 dargestellt.
Die Firma Wandwerk GmbH hat bereits Erfahrung im Umgang mit großen Wandgemälden. So sicherte die Firma das Deckengemälde über der berühmten Nofretete-Büste im Neuen Museum in Berlin, wie Mitarbeiter Carsten Hüttich gestern berichtete: „Wir machen das nicht zum ersten Mal.“ Zunächst wurde das Bild samt dahinter befindlicher Wand in drei Quadratmeter große Stücke zersägt. Danach kleben Wandwerk-Mitarbeiter auf die entstehenden Bildquadrate ein neues tragendes Material auf – mit einem patentierten Kleber, der dem Bild nicht schadet und sich von selbst in einer bestimmten Zeit komplett verflüchtigt. Anschließend wird das Bildsegment per Kettenwinde abgenommen und das alte Mauerwerk bis auf die Putzschicht abgeschliffen.
Im Zuge der Fertigstellung der Bibliothek 2012 soll das „typische Relikt einer zeitgenössischen, politisch motivierten Kunst“, so der Architekt Reiner Becker, in drei Teile aufgeteilt wieder in der Bibliothek zu sehen sein. Der lesende Arbeiter, der Becker zufolge ein Erkennungsmerkmal der Bibliothek werden könnte, wird das künftige Café schmücken, der Bauernkrieg etwa den Bürgersaal, die Darstellungen zur Französischen Revolution die Kinderbibliothek. Linksfraktionschef und Oberbürgermeisterkandidat Hans-Jürgen Scharfenberg erklärte, die Inhalte des Wandbildes „passen in die heutige Zeit und in das Gebäude“. Mit der Sanierung der 1974 eingeweihten Stadt- und Landesbibliothek werde „eine Kontinuität aufgezeigt“, die besonders wichtig sei, da der neue Landtag am Alten Markt mit historischer Fassade errichtet wird. Scharfenberg betonte, dass die Sanierung der Bibliothek, des Alten Rathauses, sowie zahlreicher Kitas und Schulen Bedingung war für die Zustimmung der Linksfraktion zum Bebauungsplan für den Landtag. „Nun sehen wir ein Ergebnis“, freute sich Scharfenberg. 11,25 Millionen Euro, zur Hälfte aus Mitteln des Landes, wird die Bibliothekssanierung kosten. Guido Berg
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