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Landeshauptstadt: Lichterfest ohne Licht

Seit gestern steht wieder der achtarmige jüdische Leuchter vor dem Stadthaus. Mehr als 100 Potsdamer kamen, um zu sehen, wie die Lichter der Menora angezündet wurden

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Innenstadt - Eigentlich ist Chanukka das Fest des Lichts. Gestern jedoch wollten die Lichter der überdimensionalen Menora, des achtarmigen jüdischen Leuchters, vor dem Stadthaus nicht richtig brennen. Der kalte Winterwind war zu stark und so erloschen die vier Flammen gleich wieder – kurz nachdem der Potsdamer Rabbiner Nachum Presman und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck sie vor über 100 Zuschauern mit einem Feuerzeug angezündet hatten.

Dennoch freute sich Presman, dass der Ministerpräsident trotz vollem Terminkalenders gestern am frühen Abend die Zeit gefunden hatte, mit ihm gemeinsam auf die Hebebühne zu steigen, um die Öllampen des fünf Meter hohen Metallleuchters anzuzünden. Das zeige, wie wichtig diese Zeremonie dem Ministerpräsidenten sei, so der Rabbiner. Das Anzünden der Lichter sei „ein Symbol für die Religionsfreiheit“. „Alle Menschen sollen sehen, dass wir hier in religiöser Freiheit leben“, so Presman. Für die meisten der über 1000 Potsdamer Juden sei das nicht immer so gewesen, betonte er. Denn sie kämen fast alle aus der ehemaligen Sowjetunion. In der aber sei das Ausüben der jüdischen Religion verboten gewesen.

Und so konnten gestern kaum Menschen das Gebet, das der Rabbiner während der Zeremonie vorsang, mitsingen, obwohl viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde unter ihnen waren. Auch darum sei das gemeinsame Chanukka-Feiern vor dem Stadthaus ein ganz besonderes Zeichen, zumal die „Public Menora“ – die öffentliche Menora – jeden Dezember zu Chanukka in über 4000 Städten dieser Welt aufgestellt werde, so Presman: „Wir machen Globalität!“ Ministerpräsident Platzeck erinnerte in seiner Begrüßungsrede an das Edikt von Potsdam, das 1685 allen Menschen Religionsfreiheit versprach, aber auch an die Zeit des Nationalsozialismus. Er sei „froh“, dass Potsdam und Brandenburg das jüdische Leben heute unterstützen könnten.

Auch Sozialbeigeordnete Elona Müller sah gestern zu, wie Platzeck und Presman die Chanukka-Lichter anzündeten. Sie rief die Potsdamer auf, der jüdischen Gemeinde beim Bau ihrer Synagoge zu helfen– mit Spenden oder dem Beitritt in den extra gegründeten Bauverein. Die Sozialbeigeordnete nutzte die Gelegenheit aber auch, vor den zahlreich erschienenen Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion die Bedeutung der Sprache für die Integration hervorzuheben. Und weil das Erlernen einer Sprache hin und wieder sehr schwierig sei, sei es gut und wichtig für die Integration die Kultur gemeinsam zu leben, sagte Müller.

Gesagt, getan: Nachdem Presman „ein fröhliches Chanukka“ und eine tolle „Party“ gewünscht hatte, feierten alle gemeinsam das Lichterfest in eisiger Kälte. Dass die Lichter gar nicht brannten, bekümmerte die Gäste kaum. Schließlich gab es Glühwein und die Musik von Jakob Kopel. Der Künstler sang jüdische Lieder und spielte dazu Keyboard. Die Menge vor dem Stadthaus wippte im Takt von Kopels Musik – vom alten Mann bis zum dreijährigen Mädchen. Selbst Elona Müller tanzte mit den Frauen der Potsdamer Gemeinde.

Einigen Kindern allerdings wurde die Feier trotz leckerer Pfannkuchen ein wenig lang – wie dem elfjährigen David: „Ich will lieber nach Hause. “ Denn da erwarten ihn während Chanukka jeden Tag Geschenke: „Und heute krieg“ ich ein großes.“ Juliane Wedemeyer

Juliane Wedemeyer

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