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Rassenideologie. In der Ausstellung zur NS-Zeit wird auch ein Gerät zu sehen sein, mit dem seinerzeit wie auf diesem Bild aus dem Jahr 1943 die Größe menschlicher Köpfe gemessen wurde – auch um Erbkrankheiten zu erforschen.

© Ullstein

Landeshauptstadt: Lindenstraße 54/55: Ausstellung zeigt bald auch NS-Zeit Am 12. September soll das dritte noch fehlende Ausstellungsmodul eröffnet werden

Die Ausstellung in der Gedenkstätte Lindenstraße 54/55 wird bald komplett sein. Das letzte noch fehlende Ausstellungsmodul, das über die NS-Vergangenheit des Hauses informieren wird, soll am 12.

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Die Ausstellung in der Gedenkstätte Lindenstraße 54/55 wird bald komplett sein. Das letzte noch fehlende Ausstellungsmodul, das über die NS-Vergangenheit des Hauses informieren wird, soll am 12. September eröffnet werden. damit wird sich eine seit Längerem beklagte Lücke in der Dauerausstellung des Hauses schließen. Wie Thomas Schaarschmidt vom Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) den PNN mitteilte, sei dieser Termin zwar noch „mit gewisser Vorsicht“ zu behandeln. Alle Beteiligten hätten sich aber auf dieses Datum verständigt. Das ZZF ist federführend an der Konzeption der Ausstellung beteiligt. Bislang informiert die Ausstellung über die Nutzung des Hauses als Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes sowie als Untersuchungshaftanstalt des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit.

Mit Schautafeln und Exponaten sollen die Besucher nun künftig auch etwas über Täter und Opfer der nationalsozialistischen Zeit des Hauses in der Lindenstraße 54/55 erfahren. In mehreren Audiostationen und einer Videostation werden überlebende Opfer oder deren Angehörige von den Verfolgungen durch die nationalsozialistische Unrechtsjustiz berichten. Zu sehen sein wird auch ein Gerät, mit dem Ärzte im Sinne der NS-Rasseideologie die Größe menschlicher Köpfe maßen.

Die Arbeiten für den NS-Ausstellungsteil, der in rund zwei Monaten eröffnen soll, laufen derzeit auf Hochtouren, wie Inga Falkenberg von der Firma Freybeuter den PNN sagte. Das Potsdamer Unternehmen wurde mit der technischen Umsetzung des Ausstellungskonzepts betraut und hatte bereits die anderen Ausstellungsteile zur Geschichte des Hauses realisiert. Derzeit sei man damit beschäftigt, die Ausstellungstafeln herzurichten, so Falkenberg. Noch im Herbst vergangenen Jahres plante die Gedenkstätte als städtische Einrichtung, diesen Teil der Ausstellung zur nationalsozialistischen Vergangenheit des Hauses bereits im Mai präsentieren zu können. Nun also soll es im September so weit sein. Über Einzelheiten ist bislang nicht allzu viel bekannt. Fest steht jedenfalls, dass neben der Tätigkeit des Erbgesundheitsgerichts auch die Arbeit des Volksgerichtshofs beleuchtet werden soll, der teilweise ebenfalls in Potsdam tagte (siehe Interview).

Die Ausstellung werde aber auch zeigen, wie die allgemeine Strafjustiz auf der Ebene der Amts- und Landgerichte immer stärker im Sinne der NS-Ideologie ausgerichtet wurde, erklärte Annemone Christians. Die Historikerin, derzeit Projektmitarbeiterin am Münchener Institut für Zeitgeschichte, war an der Ausstellungskonzeption maßgeblich beteiligt. Man wolle den künftigen Besuchern zeigen, dass spezielle Bevölkerungsgruppen, wie etwa Zwangsarbeiter oder verfolgte Juden, nicht nur durch die Sondergerichte, sondern auch von der allgemeinen Strafjustiz einem immer stärkeren Verfolgungsdruck ausgesetzt wurden, so Christians. Dem individuellen Schicksal von Opfern werde man in der Ausstellung ebenfalls breiten Raum einräumen. Aber auch mit Täterbiografien werden die Besucher in der künftigen Ausstellung konfrontiert werden. Für die Ausstellung wurden Hunderte Akten aus dem Landes- und dem Bundesarchiv sowie aus weiteren kleineren Archiven recherchiert.

Derweil immer noch nicht abgeschlossen ist die Einrichtung einer Stiftung von Land und Stadt, in deren Trägerschaft die städtische Gedenkstätte übergehen soll. „Wir sind leider noch nicht so weit, wie wir sein wollten“, sagt ZZF-Mitarbeiter Schaarschmidt gegenüber den PNN. Nach den letzten Planungen soll die künftige Stiftung über einen jährlichen Gesamtetat von 600 000 Euro verfügen.

Annemone Christians wird heute um 18 Uhr in der Lindenstraße 54/55 einen Vortrag über das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses halten.

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