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Links und rechts der Langen Brücke: Linie und Leuchtkraft

Sabine Schicketanz über die Vorzeichen für die zweite OB-Amtszeit

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Es war aber auch höchste Zeit für eine Offensive der Rathausspitze: Kaum war seine Wiederwahl erledigt, manövrierte sich Oberbürgermeister Jann Jakobs samt seiner Stadtverwaltung wieder einmal ins Kreuzfeuer der Kritik. So viele Konfliktherde wie derzeit gab es selten zeitgleich zu löschen: Die heftig umstrittenen Bauprojekte Drewitz-Center und Matrosenstation Kongsnaes, die Denkmal-Abschreibungsaffäre und der Kleingärtner-Angriff des Baubeigeordneten Matthias Klipp, die undurchsichtigen Vorgänge um das Haus Dietz und dessen möglichen Abriss, das erst kürzlich teilweise beendete Geschachere um die Verantwortung für die Fortunaportal-Schäden mit dem Land – die Aufzählung ließe sich fortführen. Dass es, politisch betrachtet, allerorten teilweise lichterloh brennt, ist genauso symptomatisch für die Amtsführung des Sozialdemokraten Jann Jakobs wie die Kleingärtner-Demonstration vor dem Stadthaus parallel zur gestrigen Feierstunde: Jakobs lässt zu vieles einfach geschehen, schaltet sich nicht oder viel zu spät ein, hat entweder kein gutes Gespür für mögliche Konflikte oder nicht die ausreichende Durchsetzungskraft, sie einzudämmen oder zu verhindern. Manchen fehlt bei Jakobs auch die Vision, die große politische Leitlinie für die Stadt, die für die Positionierung Potsdams in der Zukunft sorgen müsste.

Sicher, Jakobs hat seinen Job in den ersten acht Jahren als Oberbürgermeister nicht schlecht gemacht, in einigen Bereichen wirklich gut. Allerdings hat er es nicht vermocht, seinem Amt Leuchtkraft zu verleihen, zur starken Potsdamer Figur zu werden, eine Linie zu prägen.

Dafür hat Jann Jakobs nun weitere acht Jahre Zeit. Die Bedingungen könnten besser nicht sein: Potsdam ist auf der Erfolgsspur, im Stadtparlament steht eine allen Zweifeln zum Trotz stabile Rathaus-Kooperation hinter ihm, er selbst hat ein klares Wahlergebnis von über 60 Prozent eingefahren und muss nicht mit Rücksicht auf eine Wahl regieren, denn wenn die nächsten acht Jahre vorbei sind, kann er in Rente gehen. Jakobs kann jetzt auf Neustart, auf Durchstarten schalten, er sollte motiviert und frei von vielen politischen Zwängen in die zweite Amtszeit gehen. Ein bloßes Weiter-So, das wäre eine Enttäuschung.

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