Von Peer Straube: Linke Querelen nach der Europawahl
Interne Kritik an Scharfenberg nach Stimmenverlusten / Rathauskooperation mit Zuwächsen bei absoluten Stimmen / Schubert will in der Platte auf Stimmenfang gehen
Stand:
Nach den Stimmenverlusten der Potsdamer Linken bei der Europawahl am Sonntag wachsen hinter den Kulissen die Spannungen. Schuldzuweisungen vor allem in Richtung von Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg deuten auf parteiinterne Querelen hin. So sei der Europa-Wahlkampf nicht professionell und engagiert genug geführt worden, kritisierten gestern die Gegner Scharfenbergs gegenüber den PNN. Sie äußern sich bisher allerdings nur anonym, nach ihren Angaben vor allem aufgrund des Drucks in Fraktion und Partei.
Im Vorfeld der Wahl habe sich die Linke im Wesentlichen auf „Druckerzeugnisse im Briefkasten“ beschränkt, hieß es von den Kritikern. Als Fehler wird eingeschätzt, dass das Wahlquartier der Linken im Hauptbahnhof nicht wie 2004 bereits vor der Europawahl eröffnet wurde. Damals hatte die Partei mit 34,4 Prozent in Potsdam fast 14 Prozent vor der SPD gelegen.
Am Sonntag wurde die Linke zwar ebenfalls Wahlsieger in Potsdam, verlor aber über sechs Prozent gegenüber 2004. Für Unruhe sorgt in der Partei vor allem der Einbruch in den Neubaugebieten, den traditionellen Hochburgen der Linken. In Drewitz etwa rutschte die Partei gleich um 11,6 Prozent ab. Eine „klare Strategie“ habe es im Wahlkampf nicht gegeben, wird innerhalb der Stadtfraktion kritisiert. So sei etwa ein geplanter Auftritt von Gregor Gysi in Potsdam nach Eisenhüttenstadt umgelenkt worden, so dass der Wahlkampf ohne prominente Bundespolitiker stattfinden musste. Der Führungsstreit in der Potsdamer Linken war erstmals im vergangenen November offenkundig geworden. Damals wurde Linken-Kreischef Pete Heuer nicht zuletzt mit Hilfe des mächtigen Fraktionschefs Scharfenberg entmachtet und durch den politisch zurückhaltenderen Günther Waschkuhn ersetzt. Seitdem ist die Partei gespalten. Den Austausch des erfolgreichen Wahlkampfteams der letzten Jahre zugleich mit dem Kreisvorstand machen Scharfenbergs Kritiker ebenfalls für das Abrutschen bei der Wahl verantwortlich.
Der Fraktionschef sieht indes das Thema Europa als Hauptgrund für den Stimmenverlust an. Seine Partei habe „Mobilisierungsschwierigkeiten“ gehabt, räumte Scharfenberg gestern gegenüber den PNN ein. Schlüsse auf die kommende Landtags- und Bundestagswahl ließen sich daraus nicht ziehen. „Da werden Personen gewählt.“
SPD-Fraktionschef Mike Schubert wertete die Wahl gestern auch als Bestätigung für die Arbeit der Rathauskooperation. Bei den absoluten Stimmen hätten alle darin vertretenen Parteien zugelegt: Die SPD um 2771 Stimmen, die CDU um 949, die Grünen um 1070 und die FDP um 1603. Bis zum Wahlherbst werde nun „geackert“, kündigte Schubert an, um den Linken in der Platte noch mehr Stimmen abzujagen. Die SPD hatte dort vor allem von den Verlusten der Linken profitiert.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kamen die Linken bei der Europawahl auf 28,3 Prozent gegenüber 34,4 Prozent im Jahre 2004. Es folgen die SPD mit 23,3 Prozent (2004: 20,7 Prozent), die Grünen mit 15,7 Prozent (16,0), die CDU mit 14,7 Prozent (15,2) und die FDP mit 7,0 (4,2). Damit dürfen sich die Liberalen über den prozentual größten Zuwachs freuen. Fraktionschefin Martina Engel-Fürstberger führte das gute Abschneiden auf eine erfolgreiche Arbeit in der Stadt zurück. Die FDP sei in Potsdam „wieder sichtbar“. Grünen-Fraktionschef Nils Naber war ebenfalls „sehr zufrieden“. Man habe das gute Ergebnis von 2004 halten können.
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