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Sehr enge Nachbarn. Weil der Garnisonkirchturm direkt neben dem Rechenzentrum gebaut wird, verteuert sich das Projekt erheblich. Die Stadt will zahlen, die Garnisonkirchen-Stiftung bietet den Künstlern eine Bleibe an.

© A. Klaer

Potsdam: Linke weiterhin gegen Abriss des Rechenzentrums

Auf dem Sommerfest der Partei hat es am Samstag eine Podiumsdebatte über die Zukunft des Rechenzentrums gegeben. Nicht für jeden Gast war es ein Heimspiel.

Stand:

Die Linke hält am Erhalt des Rechenzentrums fest, spricht sich aber gleichzeitig gegen den Lösungsvorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) aus, der den längeren Erhalt des Kreativhauses mit städtischem Geld an die Garnisonkirchenstiftung verbinden will. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg erinnerte bei einer Podiumsdiskussion zum Rechenzentrum auf dem Sommerfest der Linken am Samstag daran, dass die Stadtverordneten auf Initiative seiner Partei beschlossen hätten, für den Kirchenwiederaufbau kein städtisches Geld zu verwenden. „Das fordern wir in der gegenwärtigen Lage ganz klar ein“, sagte Scharfenberg. Zugleich plädierte er für den dauerhaften Erhalt des Rechenzentrums.

Wie berichtet hatte Jakobs erst vor zwei Wochen den Vorschlag gemacht, der Stiftung Garnisonkirche bis zu einer Million Euro zu zahlen. Mit dem Geld sollen Mehrkosten kompensiert werden, die der Stiftung beim geplanten Bau des Kirchturms entstehen, weil das Rechenzentrum bislang nicht – wie bei Erteilung der Baugenehmigung angenommen – abgerissen worden ist. Jakobs Plan sieht eine Weiternutzung der Räume durch die rund 200 Künstler bis 2023 vor. Bis dahin will er nun eine Lösung für das Kreativhaus an der Plantage finden.

Zu Gast war auch Wieland Eschenburg von der Garnisonkirchen-Stiftung

Scharfenberg diskutierte das Thema beim Sommerfest mit Potsdams Baubeigeordnetem Bernd Rubelt (parteilos), dem Künstler Christian de la Motte vom Sprecherrat der Nutzer des Rechenzentrums – und Wieland Eschenburg von der Garnisonkirchen-Stiftung. Für Letzteren war es kein Heimspiel. Immerhin durfte er vor den Genossen sprechen. Aber einen Infostand habe die Stiftung nicht aufbauen dürfen. „Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, auf viele Fragen nochmal im persönlichen Gespräch einzugehen“, sagte Eschenburg bedauernd. Die Fronten waren klar – aber nur scheinbar. Das lag auch am Eingangsstatement von Moderator Sebastian Walter, der Linke-Landesvizechef ist: „Wenn ich durch Potsdam spaziere, habe ich das Gefühl, dass der Preußenkitsch im Vordergrund steht“, sagte Walter. Rubelt wies das deutlich zurück. Es gehe in der ganzen Debatte um städtebauliche Qualität. Eschenburg sagte, der Bau der Garnisonkirche werde Ende Oktober beginnen. Und sogar Scharfenberg hat sich mit den Realitäten abgefunden, wie er sagte. Den Kirchturm sehe die Linke zwar kritisch, toleriere ihn aber.

Und so drehte sich die Debatte weniger um Für und Wider des Aufbauprojekts, sondern um die Zukuft des Kreativhauses. Einigkeit herrschte darüber, dass es in der Innenstadt Raum für Kunst geben müsse. Eschenburg geriet beim Gedanken an eine „irre Kulturmeile“ ins Schwärmen, die vom Langen Stall bis hin zur Schiffbauergasse reiche. Damit spielte er auf die von Jakobs angestoßenen Überlegungen an, der Kreativwirtschaft Raum im entstehenden Langen Stall zu geben – als Ersatz für das Rechenzentrum.

Die Kreativen wollen Langen Stall nur zusätzlich zum Rechenzentrum

De la Motte sagte, die Kreativen fänden die Idee des Langen Stalls „sehr spannend“ – aber nur zusätzlich zum Rechenzentrum für Künstler und Kreative. Es gebe etliche Musiker, die aufgrund von Schallschutzbestimmungen keine Proberäume im Rechenzentrum bekommen haben. „Wir wollen drin bleiben“, sagte er. Zudem habe das Rechenzentrum Symbolkraft für eine Epoche der Stadt.

Eschenburg lehnte auch eine Debatte über den Erhalt des Rechenzentrums und damit darüber, ob es künftig auch ein Kirchenschiff geben wird, ab. Die werde erst geführt, seit es die „vorübergehende Zwischennutzung“ gebe. Bei den Planungen für den Wiederaufbau sei davon ausgegangen worden, dass das Rechenzentrum bei Baustart abgerissen sein würde. Städtebaulich sei ein Nebeneinander von Turm und Rechenzentrum sehr schwierig. Deshalb favorisiere er den Langen Stall.

Garnisonkirchen-Stiftung wurde Abriss vertraglich zugesichert

Rubelt erklärt, beim Rechenzentrum gehe es nicht nur um Kosten, sondern auch ums Baurecht. Wie berichtet ist der Garnisonkirchen-Stiftung der Abriss des Rechenzentrums vertraglich zugesichert worden. Bei der Debatte um das Kreativhaus müsse zwischen Rechenzentrum und seinem Inhalt getrennt werden.

Bei der Frage, ob es das Rechenzentrum weiter geben soll, wurde in der Debatte keine Einigkeit erzielt. Und doch gab es Verbindendes: Dass alle den Kulturstandort an der Plantage – de la Motte sprach von einem „Campus der Möglichkeiten“ – wollen und auch die Debatte darum. Aber nur, wenn nicht jeden Tag das Damoklesschwert des Abrisses über dem Rechenzentrum schwebe, das ein Glücksfall sei und für das es Bedarf gebe, schränkte Scharfenberg ein. Die Debatte sei eine Riesenchance für die heftig umstrittene Stadtentwicklung. An der Plantage könne mehr Akzeptanz erreicht werden, „eine neue Qualität, die wir in Potsdam nie durchgehalten haben“. Scharfenberg: „Ein Kulturstandort mit Garnisonkirchturm, das steht der Stadt gut zu Gesicht.“ 

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