Landeshauptstadt: Linke will Exner abwählen
Rathausbündnis bisher dagegen – behält sich aber personelle Konsequenzen vor
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Der Fall Bertiniweg sorgt für politischen Ausnahmezustand im Rathaus: Die Linke von Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg will Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) abwählen. Am Montagabend stellte die Fraktion sich voll hinter den Plan ihres Chefs Scharfenberg. Er hat in Exner den Verantwortlichen für das krude Grundstücksgeschäft der Stadt am Bertiniweg ausgemacht. Allerdings ist der Fall Bertiniweg für Scharfenberg nicht der einzige Abwahlgrund: Exner stehe in vielen Fragen für verfehlte Politik, der Bertiniweg sei „der große Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“.
Der Machtkampf zwischen der Linken als stärkster Fraktion und der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Bündnis 90/Grüne und FDP ist damit voll entbrannt. Klar scheint: Würde Exner auf Antrag der Linken mit Stimmen aus der Rathauskooperation abgewählt, wäre das sehr wahrscheinlich das Ende des Bündnisses, das nach der Kommunalwahl 2008 geschmiedet worden war.
Für einen Abwahlantrag braucht Scharfenberg nach Kommunalverfassung zunächst die Unterstützung von 29 Stadtverordneten. Dies sei noch dieses Jahr machbar, so der Linke-Fraktionschef. Die Linke selbst hat 16 Sitze. Kann der Antrag eingebracht werden, ist eine „Abkühlungsfrist“ von sechs Wochen vorgesehen, bevor im Stadtparlament geheim und ohne Debatte abgestimmt wird. Nötig für eine Abwahl wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit, was 35 Stimmen entspricht.
SPD-Fraktionschef Mike Schubert versuchte am Montagabend bei einer Krisensitzung zunächst mit Erfolg, die Rathauskooperation zusammenzuhalten: Alle Fraktionen stimmten einer gemeinsamen Erklärung zu, die den Abwahlantrag mindestens ausbremsen soll. In der Erklärung fordern die Fraktionschefs eine sofortige umfängliche Prüfung des Falls Bertiniweg, bei dem die Stadt zu niedrigen Preisen rund 12 000 Quadratmeter Fläche an einen privaten Investor verkauft hat, obwohl Pächter dort Vorkaufsrecht gehabt hätten. Der Oberbürgermeister wird jetzt beauftragt, „alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um Schaden von der Stadt abzuwenden“. Außerdem schreibt die Kooperation Exner ins Stammbuch, die Rechtsauffassung der Gerichte nicht wie bisher infrage zu stellen, sondern anzuerkennen. Bis Ende Januar muss die Verwaltungsspitze zudem die „Verantwortlichkeiten“ für den Bertiniweg-Deal benennen. Danach werde die Rathauskooperation über personelle Konsequenzen entscheiden, heißt es.
Gleichzeitig soll Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) – der sich weiterhin nicht zu den Angriffen auch von CDU und FDP gegen seinen Stellvertreter und Parteigenossen äußert – prüfen, ob die Aufgaben innerhalb der Verwaltung anders verteilt werden können. So hätten andere Städte Fachjuristen direkt in den jeweiligen Geschäftsbereichen sitzen, erklärte SPD-Fraktionschef Schubert. Die Rathauskooperation nutzt die missliche Lage Exners offenbar auch als politisches Druckmittel zu ihren Gunsten: So will das Bündnis, dass seine neuen Leitlinien für Grundstücksverkäufe auch für die städtischen Unternehmen wie die Pro Potsdam GmbH gelten. Das lehnt die Rathausspitze ab – bisher.
Im Fall Bertiniweg hatte die Stadt wie berichtet zwei Prozesse verloren, bei denen Grundstückspächter ihr Vorkaufsrecht eingeklagt hatten. Die Kommunalaufsicht des Innenministeriums hatte zuletzt den Verkauf des Grundstücks an die BTW GmbH für „schwebend unwirksam“ erklärt. Exner hatte am Sonntag erklären lassen, es tue ihm „sehr leid, wenn wir die Grundstückspächter verunsichert haben“. Die Vorwürfe weist er aber zurück.
Exners achtjährige Amtszeit läuft offiziell noch bis Mitte 2013. Das Vorschlagsrecht, ob der Posten des Kämmerers neu besetzt werden soll, liegt laut Kooperationsvertrag bei der SPD. CDU-Fraktionschef Michael Schröder sagte, er glaube nicht, dass er Exner 2013 erneut sein Vertrauen schenken könne. SCH (mit HK)
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