Landeshauptstadt: Linken-Basis setzt auf rot-rote Verhandlungen in Potsdam
Kreisparteitag stimmte Gesprächen mit Potsdamer Sozialdemokraten über gemeinsame Projekte zu / Scharfenberg sieht weiter „deutliche Unterschiede“ zur SPD
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Nach Jahren der Konfrontation im Potsdamer Stadtparlament geht der Kreisverband der Linken auf die SPD zu. Auf ihrem Kreisparteitag am Samstag haben die Linken mit 90 zu zwei Stimmen beschlossen, mit den Sozialdemokraten über gemeinsame Politik in der Landeshauptstadt zu reden. Dazu wollen die Linken der SPD eine Liste von Projekten für Potsdam vorlegen, um diese zu diskutieren. „Ziel ist es, Handlungsspielräume für linke Politik zu erweitern. Dabei werden auch Mehrheiten in der Stadtverordnetenversammlung angestrebt“, heißt es in dem Beschluss. Dazu soll dem Potsdamer SPD-Verband „zeitnah“ ein Gesprächsangebot unterbreitet werden. Das Treffen soll bis Ende März 2010 stattfinden.
Dem Beschluss vorausgegangen war ein Parteitag, der weniger von Streit geprägt war als noch das Kreistreffen der Linken im November vor einem Jahr, bei dem der damalige Kreischef Pete Heuer abgewählt wurde. Heuer hatte schon damals für eine Annäherung an die SPD geworben, war aber mit seinem Kurs in der Partei und an der Stadtfraktion um Hans-Jürgen Scharfenberg gescheitert. Aus Protest gegen Scharfenbergs harten Oppositionskurs im Stadtparlament hatte Heuer kurz vor der Landtagswahl im September die Fraktion verlassen. „Es ist unsere Aufgabe, eine rot-rote Option als strategische Zielstellung in Angriff zu nehmen. Dazu gibt es keine Alternative“, sagte Heuer nun auf dem Parteitag. Widerstand kam von Scharfenberg. Es dürfe keine Zusammenarbeit als „Selbstzweck“ geben, es gäbe „deutliche Unterschiede“ zur SPD in Potsdam. So hätten die Sozialdemokraten dem „Freiland“-Jugendzentrum das „Wasser abgegraben“. Auch würden sie beim Thema Bad-Neubau eine Bürgerbefragung über dessen Standort ablehnen. Zugleich räumte Scharfenberg zwar „manche“ Niederlage im Stadtparlament gegen die Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grüne und FDP/Familienpartei ein. Doch habe die Linke in Bereichen wie Schul- und Kita-Sanierung oder Wohnungsbau durchaus Einfluss genommen. „Wir sind nicht isoliert“, sagte Scharfenberg. Zugleich griff er Heuer direkt an: Sein Austritt aus der Fraktion habe der Partei geschadet. Kritik an eine Annäherung an die SPD kam auch von der Parteijugendgruppe „Neue Impulse“.
Doch die große Mehrheit in der Parteibasis sah dies anders. Der Antrag des Parteivorstands für die Sondierungsgespräche mit der SPD wurde sogar noch um Nuancen erweitert. Parteichef Günther Waschkuhn sagte nach dem Treffen, zunächst komme es nun auf eine „Normalisierung“ im Verhältnis mit der SPD an, dann erst gehe es um Bündnisse. Dabei würden zuerst inhaltliche Ziele genannt und diese mit der SPD abgeglichen – daraus könnten dann politische Initiativen entstehen.
Zugleich beschloss die Partei einstimmig einen Antrag, in Potsdam stadtteilweit Ortsverbände zu gründen. Damit sollen sich vor allem Jüngere besser in der Partei engagieren können, deren 1030 Mitglieder in Potsdam ein Durchschnittsalter von 68 Jahren besitzen. Mehr als 850 Potsdamer Linke sind über 51 Jahre alt.
Überschattet wurde der Parteitag von Stasi-Enthüllungen bei den brandenburgischen Linken. „Wer sich in unserem Namen für ein Mandat bewirbt, der ist verpflichtet eine Stasi-Tätigkeit offen zu legen“, sagte Waschkuhn, Ex- Gewerkschafter aus West-Berlin. Ziel müsse nun Aufklärung sein. Waschkuhn weiter: „Wer aber diese Vorgänge jetzt missbraucht, um kampagnenartige Diffamierungen zu starten, der lenkt von eigentlichen Sachthemen wie der Frage nach sozialer Gerechtigkeit ab.“ Henri Kramer
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