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Landeshauptstadt: Löw-Signet für Saldern-Haus

Künftiger Bewohner der Einrichtung für Unfallopfer sammelte Fan-Artikel, die bei der Grundsteinlegung am Samstag versteigert werden. Der Erlös fließt in die behindertengerechte Ausstattung der Wohnstätte

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Wird die deutsche Nationalelf Europameister, könnte der Schal von Thomas Köhler Gold wert sein. Der Halswärmer in VfB Stuttgart-Farben trägt nämlich die original Unterschrift von Bundestrainer Joachim Löw.

Der Fan-Schal ist eine von über 30 Raritäten, die der 44-Jährige mit einem Rundschreiben an Fußballmannschaften und Prominenz „erbettelt“ hat. Darunter sind viele Sportdevotionalien mit Signets der entsprechenden Mannschaften, aber auch zwei PC-Spiele-Ausgaben von „Wer wird Millionär“ mit Autogrammkarte von Günther Jauch. All diese Sachen kommen am Samstag unter den Hammer, wenn für das Thusnelda von Saldern-Haus auf dem Oberlingelände in der Rudolf-Breitscheid-Straße der Grundstein gelegt wird. Die Wohnstätte für Menschen, die bei einem Unfall bleibende Schäden davon getragen haben, umfasst insgesamt 60 Plätze. Die Bausumme von veranschlagten sechs Millionen Euro bringe der Verein Oberlinhaus selbst auf, erklärt die Unternehmenssprecherin Wiebke Zielinski. Die Kosten für die barrierefreie und behindertengerechte Innenausstattung in Höhe von rund 400000 Euro müssten aber über Spenden eingespielt werden.

Thomas Köhler wünscht sich eine Küche, die er von seinem Rollstuhl aus komplett bedienen kann. Im Reinhard-Kleinau-Haus, in dem er seit 1990 wohnt, könne er zwar unter Herd und Spüle rollen, wolle er aber Teller oder Tasse haben, müsse er immer um Hilfe bitten. Seit einem Badeunfall – damals war der gebürtige Sachse 18 Jahre alt – ist er querschnittsgelähmt. „Meine Mutter hat mich jahrelang gepflegt“, sagt Thomas Köhler, bis er einen Betreuungsplatz im Oberlinhaus bekommen habe. Am allerliebsten würde er in einer eigenen Wohnung leben. Sein Pflegebedarf sei aber so groß, „dass das keine Krankenkasse übernimmt.“ Viele gerade junge Unfallopfer kämen nach der Reha deshalb häufig in Alten- oder Pflegeheime, die für diese „aktive Rehabilitation“ gar nicht ausgelegt seien, sagt Heike Judacz, Leiterin des Wohnbereiches für körper- und mehrfachbehinderte Erwachsene. Mit dem Neubau schließe der Verein Oberlinhaus eine Versorgungslücke. „Es ist schon okay hier“, sagt Thomas Köhler. Schließlich habe er sein eigenes Zimmer und könne tun und lassen, was er wolle. Der 44-Jährige denkt aber nicht nur an sich. Als Vorsitzender des Beirats für die Heimbewohner setzt er sich für die Belange aller ein.

Mit der Spendenakquise sei man schon ein ganzes Stück vorangekommen, sagt Wiebke Zielinski. Private Gaben, Zahlungen aus Nachlässen und Firmenengagement hätten das Spendenkonto für die Ausstattung von „Thusnelda“ bereits auf 230 000 Euro anwachsen lassen. Am kommenden Samstag gebe es außerdem einen Scheck über 44 100 Euro von der Hannelore-Kohl-Stiftung. Besucher der Feierlichkeiten mit Stadtteilfestcharakter hätten selbst auch viele Möglichkeiten, ihren Beitrag zu leisten. Der Festakt beginnt um 13.30 Uhr mit Ministerpräsident Matthias Platzeck und Oberlinbotschafterin und Schauspielerin Nadja Uhl. Danach gibt beispielsweise ein Fotoshooting mit Thusnelda, kostenloses Fahrrad-Sicherheitstraining für Kinder sowie Kaffee, Kuchen und kühle Getränke – alles gegen eine kleine Spende, „nur wer eine geben möchte“, betont die Oberlinsprecherin. Um 15.30 Uhr werden dann die von Thomas Köhler zusammengetragenen Raritäten versteigert. Es werden Rundgänge durch das Kleinauhaus angeboten und der Neubau anhand eines Modells vorgestellt. Ganz im Zeichen der Fußball-EM steht schließlich das Benefiz-Torwandschießen „Punkten für Thusnelda“. Jeder Treffer werde mit 10 Euro belohnt, die ein Spender ausgelobt habe, der anonym bleiben wolle. Jetzt hofft man in Oberlinhaus-Reihen, dass unter den Torschützen möglichst viele Podolskis sind.

Nicola Klusemann

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