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Der Botanische Garten der Universität Potsdam bewahrt bedrohte Wildpflanzen
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Vom Gefleckten Sandröschen gibt es seit 15 Jahren keine Nachricht mehr. Damals fand sich an einem Straßenrand im südlichen Brandenburg noch ein letztes Vorkommen; seitdem ist die unscheinbare, nur für kurze Zeit gelb blühende Wildpflanze verschollen. Muss sie den 124 einheimischen Arten zugerechnet werden, die in den letzten Jahrzehnten ausgestorben sind? Oder wird ein Bestand wiederentdeckt, wodurch sie der Botaniker Michael Burkart gleich 200 anderen Arten in die Kategorie „Vom Aussterben bedroht“ einordnen könnte?
Dr. Burkart arbeitet in einem vom Landesumweltamt geleiteten regionalen Netzwerk zum Schutz bedrohter heimischer Pflanzen in Berlin und Brandenburg mit. Darin wirken die Botanischen Gärten in Berlin-Dahlem und Potsdam sowie der Heidegarten im Niederlausitzer Langengrassau zusammen. Abseits der Gewächshäuser und Schauanlagen sind südlich der Maulbeerallee nicht öffentlich zugängliche Beete mit solchen bedrohten Arten bepflanzt worden, zu denen das Landesumweltamt eine Prioritätenliste erarbeitet hat. Michael Burkart weist auf die Schwarze Binse hin, für die an der Uni Potsdam gründliche Untersuchungen vorgenommen wurden. Welche Lebensräume braucht die Pflanze, wie verläuft ihre Fortpflanzung, welche Auswirkungen hat der Klimawandel? Soll sie überleben, müssen Flussauen, Grabenränder, Sandgruben erhalten bleiben, war das Fazit.
Dass das wärmer und trockener werdende Klima bodenständige Arten bedroht, konnte unter anderem am Lungenenzian nachgewiesen werden. Nun ist dies eine auffällige Pflanze mit schönen Blüten. Aber wem schadet es, fragt der Laie, wenn etwa das einjährige, drei Zentimeter hohe Quellkraut mit seinen winzigen, nur im Mai geöffneten weißen Blüten aus der brandenburgischen Landschaft verschwindet? „Doch jede noch so unscheinbaren Art gehört zu unserer einzigartigen Umwelt“, sagt Michael Burkart. Für deren „wenigstens halbwegs intakte Weitergabe“ an unsere Nachfahren seien wir verantwortlich.
Indes setzt an der Maulbeerallee die Gärtnerin Elke von der Mülbe die intensive Pflege der Beete mit den bedrohten Arten und deren Vermehrung mittels Samen und Ablegern fort. Dazu zählen durchaus attraktive Pflanzen wie die Pfingstnelke, die Sibirische Schwertlilie oder die Gewöhnliche Kuhschelle, wie sie auch im Zierpflanzenhandel erhältlich sind. Doch diese Sorten sind mit den Wildformen nicht identisch. Burkart und seine Fachkollegen gehen davon aus, dass bei den zu erhaltenden Arten sogar die von ihnen angelegten Beetkulturen, da sie nicht dem ursprünglichen Lebensraum entsprechen, über einige Generationen zu ungewollten genetischen Veränderungen führen könnten. Für dieses Problem seien unbedingt Forschungen erforderlich, doch dafür würden Fördermittel fehlen.
Der Rettung, Erhaltung und Vermehrung vom Aussterben bedrohter Pflanzen soll deren Auswilderung folgen, um sie wieder im Land Brandenburg ansässig zu machen oder noch vorhandene Bestände abzusichern. Erste Versuche hätten „unterschiedlichen Erfolg“ gebracht, schätzt Michael Burkart. So wurde die Schwarze Binse im Feuchtgebiet am Gülper See in 360 Exemplaren ausgepflanzt. Im folgenden Jahr kamen vier davon wieder. Nun will der Botanische Garten weitere drei bedrohte Arten in die brandenburgische Natur zurückbringen. Dazu zählt neben dem Vielblütigen Hahnenfuß und dem Heidegünsel auch der Nordstedt-Löwenzahn. Er hatte landesweit seinen einzigen Standort im Park Sanssouci und dort soll er auch wieder hin.
Den Naturschutzgedanken zur Erhaltung bedrohter Pflanzenarten der Bevölkerung nahezubringen, ist ein besonderes Anliegen von Michael Burkart. Dazu dienen das „Grüne Klassenzimmer“, das der Botanische Garten regelmäßig für Schulklassen veranstaltet, Führungen und öffentliche Vorträge im Zusammenwirken mit dem hier angesiedelten Freundeskreis. An der Kasse gibt es zur Information ein Faltblatt zu bedrohten Arten. Zudem werden einige der Pflanzen mit entsprechender Hinweisbeschilderung in den Schauanlagen beiderseits der Maulbeerallee gezeigt. Ein Naturschutzlehrpfad durch den Garten ist geplant.
Die meisten Meldungen über Standorte bedrohter Arten erhalte er über das Landesumweltamt vom Botanischen Verein Berlin-Brandenburg, dessen Mitglieder wie in alten Zeiten mit der Botanisiertrommel oder einer Plastiktüte auf Pflanzensuche gehen. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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