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Landeshauptstadt: Lutz und die Mata Hari

Wie ein Potsdamer Aktfotograf zum Adoptivvater einer Suppenschildkröte wurde

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Für 40 Euro durfte der Potsdamer Fotograf Lutz Behnke eine Riesenschildkröte adoptieren und das nicht etwa in einem Zoo, sondern in freier Wildbahn auf der malaiischen Insel Pulau Talang Talang Besar. Diese Insel hat einen feinsandigen weißen Strand, an dem sich jährlich die Chelonia mydas – was erheblich schöner als Suppenschildkröte klingt – einfindet, damit die Weibchen hundert Eier und mehr in den warmen Sand ablegen können. Das tun sie aber immer nur bei Nacht, und die Ranger ließen bei der Beobachtung nur schummriges Rotlicht zu. Im Schutze der Dunkelheit buddelt Chelonia dann ihren Nachwuchs in etwa 50 Zentimeter tiefe Gruben und überlässt ihn sich selbst. Von 1000 Tieren kommt schließlich nur eines durch und wird wieder zu einem Schildkrötenelternteil.

Auf der Insel Pulau werden die Eier jedoch sofort wieder ausgegraben und in geschützten umzäunten Gelegen neu untergebracht. Das geschieht durch die Ranger, die für das Tierschutzprojekt Turtle Patrol arbeiten. Im Mai/Juni 2008 waren aber auch vier Deutsche dabei, die der RBB über ein Casting ausgesucht hatte. Zu ihnen gehörte Lutz Behnke und der hat – wie die anderen auch – eine der Schildkröten adoptiert und ihr den Namen Mata Hari gegeben. Nicht etwa, weil er sie für eine clevere Spionin hält, sondern weil Mata Hari eigentlich ein malaiischer Name ist und übersetzt Auge des Tages, nämlich Sonne, heißt. Mit den Adoptionsbeiträgen kann der Artenschutz weiter finanziert werden, denn 160 Euro sind in Malaysia viel Geld. Durch die gute Zusammenarbeit mit den Deutschen animiert, will Malaysia das Projekt auch mit anderen Adoptiveltern fortsetzen. Der RBB hat den Besuch im Film festgehalten und ihn gerade wieder gesendet.

Die Riesenschildkröten, jahrelang als Delikatesse gejagt und fast ausgerottet, wurden zwar 1988 unter Schutz gestellt, doch noch haben sich die Bestände nicht erholt. Deshalb überwachen Naturschützer in der ganzen Welt alle Strände, die die Suppenschildkröten zur Eiablage auserkoren haben. Die Weibchen kommen übrigens immer wieder an den gleichen Strand zurück, so sie denn überleben. Das kann allerdings Jahrzehnte dauern. Die Tiere werden bis zu 100 Jahre alt. Wenn Mata Hari wieder einmal auf Pulau aufkreuzen sollte – sie wurde mit einer Marke versehen – dann müsste Papa Behnke eigentlich Nachricht bekommen. Vielleicht fährt er aber auch wieder einmal selbst zurück ins Paradies, um nach seiner Sonne zu sehen.

Für den Potsdamer Fotografen, dessen Spezialgebiet eigentlich Akte, erotische Aufnahmen und Porträts sind und der gern mit besonderen Lichteffekten in Schwarz-Weiß spielt, war die Reise nach Pulau ein Trip ins Paradies. So jedenfalls empfand er die Ankunft auf der Urwaldinsel, deren Vegetation so dicht gewesen sei, dass man nur den Strand, nicht aber den Wald habe betreten können. Gearbeitet wurde übrigens nur nachts, und geschlafen höchstens zwei, drei Stunden. Denn das Eierumbetten muss schnell geschehen, um die Brut nicht zu gefährden. Bei Tage gab es auf der Insel und beim Schnorcheln dann so viel zu entdecken, dass die Vier die Zeit nicht mit Schlaf verplempern wollten. Lutz als kommunikativer Typ hat sogar etwas malaiisch gelernt. Die Schildkrötenmütter legen ihre Ruhephase im Wasser ein. Sich mit den Vorderflossen den Weg bahnend und Spuren wie Traktorenreifen im Sand hinterlassend, eilen sie im Morgengrauen ins Meer zurück.

Im Moment absolviert Behnke übrigens gerade ein Kontrastprogramm. Er fotografiert Potsdam in eisiger Pracht. dif

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